Die Angemessenheit von Preisen im Bau stellt sicher, dass Bauleistungen zu fairen und marktkonformen Kosten erbracht werden. Sie soll Überteuerung und Qualitätsverlust verhindern.
Kriterien zur Beurteilung von Baupreisen
Bei Ausschreibungen von Bauvorhaben sind zur Beurteilung der Angemessenheit von Preisen in Angeboten diese Punkte zu beachten: Wirtschaftlichkeit des Bauverfahrens,
gewählte technische Lösungen und
sonstige günstige Ausführungsbedingungen.
Bei unangemessenen Preisen kann es sich handeln um:
eine Angebotssumme, die erheblich niedriger ist als die der meisten anderen Bieter.
Die Preise für veranschlagte Kosten eines Bauvorhabens sind angemessen, wenn sie wirtschaftlich, marktüblich und gerechtfertigt sind. Das ist sowohl für Bauherren als auch für Auftragnehmer wichtig.
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Preis-Angemessenheit bei öffentlichen Bauaufträgen
Das gilt nach den Regelungen in der VOB Teil A nach § 16b und d jeweils in den Abschnitten 1 bis 3 sowohl bei nationalen Vergaben im Unterschwellenbereich als auch bei EU-weiten Ausschreibungen bei Erreichen der Schwellenwerte sowie bei verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Baumaßnahmen. Zweifel an der Angemessenheit der Preise lassen sich bei öffentlichen Bauaufträgen im Hochbau nach Tz. 5.3 in der Richtlinie 321 im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund) immer dann ableiten, wenn die Angebotssummen: „eines oder einiger weniger Bieter erheblich geringer sind als die der übrigen Bieter oder
Bei einer Abweichung von 10 % oder mehr sind solche Zweifel berechtigt. In diesem Fall soll der Bieter dem Auftraggeber die Gründe für die Abweichung in Textform darlegen.
Danach ist bei einer Abweichung des Meistbietenden um mehr als 10 % von dem nächsthöheren Angebot eine schriftliche Aufklärung der Ursachen unerlässlich und vom Bieter zu verlangen.
Angemessenheit anhand der Kalkulationsgrundlagen prüfen
Sind einzelne Einheitspreise für Teilleistungen erkennbar unangemessen, ist eine Einsicht in die Kalkulation bzw. die Preisermittlungsunterlagen notwendig. Dazu können die zum Angebot abverlangten ergänzenden Formblätter Preise (EFB-Preis) 221 bis 223 nach VHB-Bund eingesehen und weitere Unterlagen wie eine geforderte Urkalkulation herangezogen werden. Verwiesen sei besonders auf das Formblatt „Erläuterungen zur Aufgliederung der Einheitspreise (EFB 223)“. Als Hilfsmittel können auch genutzt werden:
- die Preisermittlung und weitere Auskünfte bzw. Erklärungen des Bieters zum Angebotsinhalt
- Erfahrungswerte aus anderen Vergaben
- ein Preisspiegel mit Aussagen zu verschiedenen Angeboten und Erkenntnisse aus der Auswertung
Danach ist die Angemessenheit der Preise innerhalb der 3. Stufe bei der Angebotsprüfung durchzuführen. Sie sollte im Zusammenhang von Einzelpreisen und Angebotssummen erfolgen.
Zeitansätze für einzelne Teilleistungen im LV sowie die kalkulierte Gesamtstundenzahl des Angebots, ob sie den geschätzten bautechnisch erforderlichen Ansätzen entspricht, Umfang der Baustellengemeinkosten (BGK) sowie Beachtung, ob die Leistungen direkt ausgeschrieben sind oder mit Sätzen der einbezogenen BGK verrechnet werden und
Zu prüfen ist, ob sich die Ansätze im wirtschaftlich vertretbaren Rahmen halten.
Das Fehlen eines Ansatzes für Wagnis und Gewinn (W & G) ist unbeachtlich. Setzt der Bieter aber bei der Preisbildung keine Ansätze für Gewinn und Wagnisse an, dann ist es seine Entscheidung, zu der keine weitere Aufklärung erforderlich ist. „Sollten die Kalkulationsansätze eines Bieters nicht als wirtschaftlich gerechtfertigt angesehen werden bzw. der Bieter mit niedrigeren Ansätzen als die übrigen Bieter kalkuliert haben, bliebe ggf. weiter zu prüfen, ob: für die Abweichungen rationellere Technologien bzw. Bauausführungen,
und / oder günstigere Bezugsquellen für die Einbaustoffe sowie und / oder geringere Mietsätze oder eigene Verrechnungssätze für den Einsatz der Baumaschinen und Geräte bzw. für Rüst- und Schalmaterial Einfluss haben, die von den anderen Bietern nicht in gleich hohem Maße anzusetzen waren.
Feststellungen aus den Unterlagen der Preisermittlung sowie der Prüfung und Wertung der Angebote auf Grundlage von abverlangten Erklärungen der Bieter sollten festgehalten werden.“
Angemessenheit von Unterkostenpreisen
Ein Bieter, der in seinem Angebot die von ihm tatsächlich geforderten Einheitspreise für einzelne Teilleistungen auf verschiedene Einheitspreise anderer Leistungspositionen verteilt, benennt nicht die von ihm rechtlich geforderten Einheitspreise. Evtl. kann sogar eine Kalkulation von Spekulationspreisen vorliegen. „Bei der Prüfung zu Unterkostenpreisen sollte ggf. noch eine Rücksprache mit dem betreffenden Bieter erfolgen. Legt der Bieter nachvollziehbar dar, dass er die Markt- und Wettbewerbssituation für seine Preisbildung effektiv genutzt hat (z. B. durch günstigen Materialeinkauf, Verwertung von Abbruchmaterial und Erdaushub), dann kann durchaus ein wirtschaftliches Angebot vorliegen.“ Null- und negative Einheitspreise
Null-Einheitspreise können – aber müssen nicht – unangemessene oder unvollständige Preisangaben in einem Angebot darstellen. Eine Angabe von Null Euro für einen Einheitspreis stellt auch eine Preisangabe dar. Im Allgemeinen mag ein Null-Einheitspreis zunächst unrealistisch erscheinen, möglicherweise sprechen aber sachliche und wirtschaftliche Gründe für die Angabe. Werden bei der Prüfung von Angeboten durch den Auftraggeber Null-Einheitspreise für Teilleistungen als unangemessen niedrig angesehen, kann vom Bieter eine schriftliche Erklärung über die Kostenanteile der EP und die Offenlegung der Kalkulationsunterlagen – ähnlich wie bei Verdacht auf eine Mischkalkulation – verlangt werden. In einem Angebot kann auch ein negativer Einheitspreis – auch als Minus-Einheitspreis bezeichnet – erscheinen. In diesem Fall handelt es sich um eine Preisangabe kleiner als Null. Das kann beispielsweise bei Abbruch- und Straßenbauarbeiten der Fall sein. Oft werden dabei Materialien gewonnen und später wieder verwertet. Die daraus erzielbaren Erlöse können wertmäßig den kalkulierten Aufwand in einer Teilleistung im LV übersteigen. Können vom Bieter solche Minuspreise infolge eines Gewinns aus der Wiederverwendung auf Verlangen hinreichend erklärt werden, dann sind sie durchaus zu rechtfertigen. Angebot bei Unangemessenheit ausschließen
Bei preislicher Unangemessenheit zum Angebot eines Bieters käme ein Ausschluss infrage, wenn:
Lässt die Prüfung durch den Auftraggeber auf Grundlage erfolgter Erklärungen und Nachweise des Bieters nachvollziehbar erkennen, dass er die Markt- und Wettbewerbssituation für seine Preisbildung effektiv genutzt hat (z. B. durch günstigen Materialeinkauf, Verwertung von Abbruchmaterial und Erdaushub), kann ein wirtschaftliches Angebot vorliegen. Ein Ausschlussgrund würde dann zum Angebot bezüglich der Angebotsendsumme nicht maßgebend sein. Würden zu einer Ausschreibung nur Angebote mit unangemessen hohen oder niedrigen Preisen vorliegen, dann sollte die Ausschreibung ggf. aufgehoben werden.
Angemessenheit von Preisen in Nebenangeboten
In Verbindung mit der Angemessenheit von Preisen sind auch diejenigen in Nebenangeboten zu betrachten, wenn Nebenangebote nicht ausgeschlossen wurden und die Einreichung bzw. Angabe an der dafür vorgegebenen Stelle erfolgte. Bei Nebenangeboten können sich Vorteile für den Auftraggeber nach der Art und Weise der Bauausführung bezüglich kürzerer Ausführungsfristen und daraus ableitend einer früheren Benutzbarkeit der Bauleistung bzw. Teilen davon ergeben. Preis-Angemessenheit durch den Bauplaner prüfen
Für das Leistungsbild nach HOAI „Gebäude und Innenräume" in der Anlage 10 wird dies in der Leistungsphase nach HOAI 6 – Mitwirkung bei der Vergabe – aufgeführt. Als besondere Leistung sind Nebenangebote zu prüfen und zu werten, und zwar im Hinblick hinsichtlich der Auswirkungen auf die abgestimmte Planung.