Buchhaltung / Rechnungswesen

Preisanpassung bei Gegenrechnung von Minder- und Mehrmengen

Werden bei einem VOB-Vertrag die Voraussetzungen für die Neuberechnung von Einheitspreisen (EP) in einem Nachtrag bei Mindermengen mit Bezug auf § 2 Abs. 3, Nr. 3 VOB/B erfüllt, bleibt zu beachten, ob und inwieweit der Auftragnehmer einen wertmäßigen Ausgleich infolge von Mehrmengen bei anderen Leistungspositionen (Ordnungszahlen) des Leitungsverzeichnisses oder in anderer Weise erhält.
Liegen bei der Bauausführung zum Vertrag sowohl Mehrmengen als auch Mindermengen der Ansätze von Teilleistungen über 10 % vor, sind die sich daraus ergebenden jeweiligen Vergütungsansprüche gegenzurechnen, d. h. die preisliche Auswirkung einer Mindermenge mit der einer Mehrmenge zu saldieren.
Dabei ist zu beachten, dass
  • sich die „Erhöhung der Mengen“ nur bei anderen Leistungspositionen auf die oberhalb von 110 % hinausgehende Menge bezieht und
  • „in anderer Weise“ auf z. B. Positionen Bezug genommen wird
    • für vom Auftraggeber zusätzlich verlangte Leistungen
    • zulässigerweise freihändig vergebene Leistungen als Anschlussaufträge
    • angeordnete qualifizierte Ausführung von Leistungen (VOB/B §1 Abs. 3) aus Eventual- und / oder Alternativpositionen sowie für Stundenlohnarbeiten
In der Regel werden in der Baupraxis nicht nur eine, sondern viele Leistungspositionen Mengenänderungen erfahren. Hinzu kommen Nachträge wie oben angegeben, die nicht von vornherein von einer Mengenveränderung eindeutig abgrenzbar sind.
Einer Mindermenge bzw. Mengenminderung kommt dem Grunde nach gleich, wenn die Menge einer Leistungsposition im Leistungsverzeichnis (LV) im Ist Null (Null-Mengenposition) ist, d. h. ersatzlos entfällt. In einem solchen Fall kann der Auftragnehmer bei einem Einheitspreisvertrag eine Vergütung verlangen. Für die Vergütungsanpassung wurde in der Praxis meistens die Berechnung analog wie für den Wegfall von Leistungen nach § 2 Abs. 4 VOB/B bzw. § 649 Satz BGB sowie bei einer freien Kündigung bzw. Teilkündigung nach § 8 Abs. 1 VOB/B vorgenommen.
Dieser Auffassung schließt sich die Rechtsprechung gemäß Urteil des BGH vom 26.01.2012 (Az: VII ZR 19/11 – Volltext abrufbar unter www.bundesgerichtshof.de) nicht mehr an. Danach kann auch eine ersatzlos wegfallende Leistungsposition als Null-Mengenposition eine Mengenminderung bzw. Mindermenge bedeuten, wenn im Einheitspreisvertrag ein Fall der vom Regelungsinhalt nach § 2 Abs. 3, Nr. 3 VOB/B dieser Vertragsklausel erfasste Äquivalenzstörung vorliegt.
In einem solchen Fall ist die Vergütung nach § 2 Abs. 3, Nr. 3 VOB/B wie bei einer Mindermenge vorzunehmen, und zwar zugleich unter der Maßgabe, dass ein Ausgleich mit evtl. vorliegenden Mehrmengen und Erhöhungen bei anderen Positionen sowie aus zusätzlichen Leistungen vorzunehmen ist.
Mit den Verrechnungsmöglichkeiten von Mehr- und Mindermenge möchte man dem Auftragnehmer insoweit nachkommen, dass er aus dem Auftrag mit den kompletten ausgeschriebenen Leistungsmengen keinen Nachteil hat, aber andererseits auch keinen unverhältnismäßig hohen Vorteil ziehen kann.
Folglich sollte durch den Auftraggeber auch zeitnah und eingehend geprüft werden, ob und inwieweit eine Verrechnung der Vergütung von Mehr- und Mindermengen erfolgen muss.
Eine Gegenrechnung setzt die Berechnung der Auswirkungen:
Dies sollte im Rahmen einer Ausgleichsberechnung bei Nachträgen vorgenommen werden, wofür im „Leitfaden zur Vergütung bei Nachträgen – Abschnitt 510“ im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017) Aussagen mit Beispielen getroffen werden.
Eine Ausgleichsberechnung kann einerseits lediglich zu Minder- und Mehrmengen erfolgen. In der Baupraxis werden bei der Ausführung eines Bauauftrags oft auch Fälle von wegfallenden Leistungspositionen, zusätzlichen Leistungen und vom Auftraggeber angeordnete Leistungsänderungen vorliegen, die dann ggf. auch mit in eine Ausgleichsberechnung einzubeziehen wären.
Hier finden Sie mehr Informationen zu Nachträgen mit „nextbau".
Spezielle Erläuterungen mit Beispielen erfolgen einerseits unter "Überschlägige Ausgleichsberechnung von Nachträgen" und zum anderen unter "Detaillierte Ausgleichsberechnung von Nachträgen".
Für das Verlangen auf Preisanpassung sind keine Frist und keine bestimmte Form vorgeschrieben. Empfohlen wird eine schriftliche Mitteilung des Auftragnehmers an den Auftraggeber mit Beifügung der Ausgleichsberechnung unmittelbar nach Feststellung der Mengenabweichungen.
Bauprofessor-Redaktion
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