Weichen während der Bauausführung die ausgeführten Leistungen oder Mengen von der Ausschreibung ab, kann dies eine Preisanpassung nach sich ziehen. Dies betrifft auch Mindermengen.
Bei Mindermengen von mehr als 10 % kann der Auftragnehmer eine Preisanpassung verlangen. Grundlage ist die ursprüngliche Kalkulation, wobei Gemeinkosten und Gewinn zu berücksichtigen sind. Mehr- und Mindermengen sind ggf. miteinander zu verrechnen. So sind Mindermengen in der VOB geregelt
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verlangende nicht für Mehrmengen bei anderen Teilleistungen mit Ordnungszahlen im Leistungsverzeichnis (LV) einen Ausgleich oder einen solchen in anderer Weise erhält. Sind Pauschalleistungen von der betroffenen Einheitspreis-Leistung abhängig, so kann nach § 2 Abs. 3 Nr. 4 in VOB Teil B auch die Pauschalsumme angepasst werden. 
Kommt es bei der Bauausführung zu Abweichungen von der Ausschreibung, sind Preisanpassungen möglich – auch bei Mindermengen.
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Voraussetzungen für das Verlangen einer Preisanpassung
Das Verlangen nach Preisanpassung, für das weder eine Frist noch eine besondere Form vorgeschrieben ist, geht in der Regel vom Auftragnehmer aus.
Voraussetzungen für die Preisanpassung sind, dass:
keine Änderung des Bauentwurfs vorliegt,
keine Teilkündigung durch den Auftraggeber vorliegt,
der Auftragnehmer einen nachvollziehbaren Nachweis vorlegen muss und
es keine ausgleichende Mehrmenge bei anderen Positionen geben darf.
Liegen jedoch ausschließlich Mindermengen während der Bauausführung vor, dann ist das Verlangen des Auftragnehmers auf Preisanpassung berechtigt und kaum abzulehnen oder anders zu beurteilen.
Berechnung einer Preisanpassung
Bei der Berechnung einer Preisanpassung sind folgende Grundsätze zu beachten:
Im Grunde genommen ist die volle Deckung der Gemeinkostenanteile sowie von Gewinn und betriebsbezogenem Wagnis für die ehemals geplante Leistungsmenge (Soll-Menge) eine „Mehrdeckung“. Sie hat aber nur dann eine Bedeutung, wenn auch Mehrmengen (mehr als 110 %) vorliegen und es zu einem Ausgleich der Vergütungen von Minder- und Mehrmengen, d. h. zu einer Gegenrechnung der angeführten Anteile als Ausgleich zur Deckung der beim Auftragnehmer geplanten Kosten kommt.
Fallen nur Mindermengen an und es gibt keine Mehrmengen, dann haben die ermittelte Minderdeckung und deren Summenbildung keine Bedeutung.
Verwiesen sei dabei auf:
Erfolgt die Rechnungslegung zu den neu berechneten Preisen der betreffenden Teilleistungen, dann ist die Umsatzsteuer auf die neuen Einheitspreise zu berechnen. Das gilt jedoch nur, wenn keine Steuerschuldnerschaft für Bauleistungen beim Auftraggeber nach § 13b Umsatzsteuergesetz (UStG) vorliegt. Ist der Auftraggeber im Ausland ansässig oder im Inland Steuerschuldner für die Umsatzsteuer, dann erhält er nur eine Rechnung in Höhe des Nettobetrages. Kalkulationsansätze nach Angebotskalkulation
Die Preisanpassung richtet sich nach der ursprünglichen Kalkulation im Hauptangebot. Diese Werte gelten auch für die Nachtragskalkulation. „Als Grundlagen sollten die zum Angebot ggf. abverlangten Nachweise in den ergänzenden Preisblättern (EFB-Preis) 221 bzw. 222 nach VHB-Bund herangezogen werden. Sie treffen speziell Aussagen zum Kalkulationslohn und den Zuschlägen für Gemeinkosten, Gewinn und betriebsbezogenes Wagnis. Eventuell anfallende und mit der Mindermenge verbundene bzw. verursachte Mehr- oder Minderkosten, die in der Angebots- bzw. Vertragskalkulation nicht enthalten waren, sind zu berücksichtigen. Nicht einzubeziehen bzw. entsprechend zu kürzen ist jedoch das leistungsbezogene Wagnis bei einer Mindermenge oder einer vollständig entfallenen Leistung. Das leistungsbezogene Wagnis entfällt zwangsläufig, wenn eine Menge nicht ausgeführt wird und folglich auch keine besonderen Risiken (z. B. Kostensteigerungen, Pflichten zur Mängelbeseitigung) daraus resultieren können. Preisanpassung bei Null-Mengenpositionen
Eine Mengenminderung liegt nach der Rechtsprechung auch dann vor, wenn die Menge einer Teilleistung in der Leistungsposition im Ist gleich Null (Null-Mengenposition) ist, d. h., ersatzlos entfällt. In einem solchen Fall kann der Auftragnehmer bei einem Einheitspreisvertrag trotzdem eine Vergütung verlangen. Für die Preisanpassung wird in der Praxis oft die Berechnung vorgenommen analog:
Dies unterstreicht ein Urteil des BGH vom 26.01.2012 (Az.: VII ZR 19 / 11) in Auslegung eines Einheitspreisvertrages bei ersatzlos entfallenen Leistungspositionen sowie auch die Aussagen zu öffentlichen Bauaufträgen in den o. a. Vergabe- und Vertragshandbüchern. Abgrenzung zu Regelungen im BGB
Beispiel: Preisanpassungen bei Mindermengen
Nachfolgend werden Berechnungen für eine Teilleistung aus einem LV demonstriert: OZ (Pos.-Nr.) | Bezeichnung | EP EUR | GB EUR |
| Mauerarbeiten: | | |
01.0010 | 600,00 m² Mauerwerk Außenwand; KSL SFK 12 RDK 1,6; 4 DF (240 / 300 / 113); D = 24 cm, MG IIa; DIN 1996; Höhe bis 7,5 m | 118,00 | 70.800,00 |
Mindermenge:
Die tatsächlich ausgeführte Menge umfasst auf Grundlage des Aufmaßes durch den Auftragnehmer 500 m², also mehr als 10 % weniger als die Soll-Menge von 600 m² im Leistungsverzeichnis. Die Mindermenge ist die Differenz aus der tatsächlich ausgeführten Menge und der Soll-Menge im Leistungsverzeichnis:
600 m² (Soll) ./. 500 m² (Ist) = 100 m² = Mindermenge
Die Angebots- und Vertragskalkulation weist für die Beispiel-Position folgende Kalkulationsansätze aus: Anteil EKT | = | 90,00 € / m² |
Anteil BGK | = | 4,30 € / m² |
Anteil AGK | = | 15,70 € / m² |
Anteil Gewinn (G) | = | 4,00 € / m² |
Anteile Wagnis (W) |
Wagnis betriebsbezogen | = | 1,50 € / m² |
Wagnis leistungsbezogen | = | 2,50 € / m² |
Aufgabe: Ein neuer Einheitspreis ist – bei Verlangen durch den Auftragnehmer – für die gesamte, ausgeführte Menge von 500 m² zu berechnen.
Variante 1:
Die nachfolgende Berechnung richtet sich nach der Herangehensweise im „Leitfaden zur Vergütung von Nachträgen“, Richtlinie 510 im VHB-Bund.
Berechnung Variante 1:
Ist-Menge zum kalkulierten EP | 500 m² | x | 118,00 € / m² | = | 59.000,00 € |
+ BGK | 100 m² | x | 4,30 € / m² | = | 430,00 € |
+ AGK | 100 m² | x | 15,70 € / m² | = | 1.570,00 € |
+ Gewinn (G) | 100 m² | x | 4,00 € / m² | = | 400,00 € |
+ Wagnis betriebsbezogen | 100 m² | x | 1,50 € / m² | = | 150,00 € |
Gesamt | = | 61.550,00 € |
Daraus folgt:
61.550,00 € : 500 m² = 123,10 € / m²
123,10 € / m² sind der neue Einheitspreis, der um 5,10 € / m² höher ist als der bisher vereinbarte Einheitspreis.
Variante 2:
In der Baupraxis erfolgt die Neuberechnung des EP oft auch unter folgenden Berücksichtigungen:
Die Einzelkosten fallen nur für die ausgeführte Leistungsmenge an.
Der Anteil von BGK und AGK ist auf die Menge des Auftrags-LV zu beziehen, d. h., für die geringer ausgeführte Menge – im Beispiel von 100 m² – ist sie auch zu berücksichtigen.
Der anteilige Betrag für den Gewinn sowie das betriebsbezogene Wagnis sind ebenfalls für die geringere Menge zu berechnen.
Der Anteil des leistungsbezogenen Wagnisses für die Ist-Menge ist zu berechnen.
Berechnung Variante 2:
Einzelkosten (EKT) | 500 m² | x | 90,00 € / m² | = | 45.000,00 € |
+ BGK | 600 m² | x | 4,30 € / m² | = | 2.580,00 € |
+ AGK | 600 m² | x | 15,70 € / m² | = | 9.420,00 € |
+ Gewinn (G) | 600 m² | x | 4,00 € / m² | = | 2.400,00 € |
+ Wagnis betriebsbezogen | 600 m² | x | 1,50 € / m² | = | 900,00 € |
+ Wagnis leistungsbezogen | 500 m² | x | 2,50 € / m² | = | 1.250,00 € |
Gesamt | = | 61.550,00 € |
Daraus folgt:
61.550,00 € : 500 m² = 123,10 € / m²
123,10 € / m² ist der neu kalkulierte Einheitspreis für die ausgeführte Menge von 500 m².