Eine solche Ausgleichsberechnung kann neben einer detaillierten Ausgleichsberechnung von Nachträgen auch als Variante einer vereinfachten, gewissermaßen indirekten bzw. überschlägigen Ausgleichsberechnung erfolgen, und zwar über die Gesamtleistung auf Grundlage der zum Angebot kalkulierten Einheitspreise (EP) für die einzelnen Leistungspositionen im LV. Bei der überschlägigen Ausgleichsberechnung sind auch jene Vergütungswirkungen auf die Gesamtvergütung zu berücksichtigen, die im Einzelfall – z. B. bei Mengenveränderungen in Leistungspositionen in einer Spanne von weniger als 10 % von der beauftragten Menge – überhaupt keinen Einfluss auf die vereinbarten Einheitspreise hätten. Errechnet sich daraus insgesamt eine Unterdeckung von Gemeinkosten, Gewinn sowie betriebsbezogenem Wagnis, dann wird sich daraus ein Vergütungsanspruch für das Bauunternehmen als Auftragnehmer begründen. Gleichen sich Über- und Unterdeckungen aus, so besteht seitens des Auftragnehmers kein Vergütungsanspruch für nicht gedeckte Gemeinkostenanteile, von Gewinn und betriebsbezogenem Wagnis. Dabei bleibt aber zu beachten, dass in eine solche Ausgleichsrechnung sämtliche Vergütungsansprüche sowohl aus den verschiedenen Nachtragsarten als auch alle sonstigen Vergütungsansprüche nach VOB mit einbezogen werden, wobei nur Schadenersatz- und Entschädigungsansprüche und nicht vergütungsbezogene Kostenerstattungen ohne Berücksichtigung bleiben. Bei öffentlichen Bauaufträgen sind die Anforderungen und Berechnungen nach den Vergabehandbüchern zu berücksichtigen, so bei: Baumaßnahmen des Hochbaus nach dem "Leitfaden für die Vergütung von Nachträgen" als Richtlinie 510 im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017) in Form einer überschlägigen Ausgleichsberechnung unter Tz. 7.6.1, Baumaßnahmen im Straßen- und Brückenbau im HVA B-StB im Teil 3 unter Tz. 3.4 mit spezifischen Regelungen zur Gemeinkostenausgleichsberechnung bei Nachträgen, wobei der "Wegfall von Bauleistungen" nicht mehr als Nachtragsart einer Leistungsänderung, sondern als Sachverhalt einer "Teilkündigung" mit Vergütungsanspruch bei Kündigung des Bauvertrags angesehen ist und danach dann die Einbeziehung in die Gemeinkostenausgleichsberechnung entfällt.
Das Ergebnis einer Ausgleichsberechnung ist bei öffentlichen Bauaufträgen nach der Vergütungsstruktur einzeln nachzuweisen. Hierzu wird im VHB-Bund (2017) das Formblatt 521 vorgesehen. Dieser Nachweis ist jeweils auch dem Prüfungsvermerk (nach Formblatt 522) nach Nachtragsprüfung und einer ggf. erfolgten Nachtragsvereinbarung (nach Formblatt 523) beizufügen. Hier finden Sie mehr Informationen zu Nachträgen mit „nextbau". Mit der Software für die Baukalkulation sowie auch im Onlinedienst www.baupreislexikon.deder Firma f:data Weimar / Dresden kann die überschlägige Ausgleichsberechnung zu Nachträgen nach den Anforderungen in Richtlinie 510 des VHB-Bund (2017) unmittelbar und einfach erfolgen. Sie berücksichtigt die Wirkung der Nachtragspositionen bzw. Leistungsänderungen auf die Gesamtpreise der Leistungspositionen als Gesamtvergütung, die mit dem Deckungsbeitrag (als Summe aus Gemeinkosten, Gewinn, betriebsbezogenem Wagnis sowie teils mit und teils ohne leistungsbezogenem Wagnisanteil) als Anteil von den Einheitspreisen der betreffenden Leistungspositionen bzw. dem Gesamtleistungsumfang multipliziert wird. Aufaddiert stellt sich danach die gesamte Unter- oder Überdeckung der Gemeinkosten sowie von Gewinn und betriebsbezogenem Wagnis dar. Auf Grundlage der Berechnung ist es auch möglich, dass zu allen Positionen jeweils die Gemeinkostenzuschläge detailliert nach Prozenten und absoluten Beträgen berechnet, ausgewiesen und in die Nachtragsprüfung und –wertung einbezogen werden. Nachfolgend wird eine überschlägige Ausgleichsberechnung als Beispiel dargestellt.
Vereinfachtes Beispiel zur überschlägigen Ausgleichsberechnung bei Nachträgen (in Anlehnung und mit Bezug auf die Richtlinie 510 im VHB-Bund, Ausgabe 2017):
Grundlage liefern folgende Positionen aus dem Leistungsverzeichnis des Angebots:
Pos. 1 | Beton Streifenfundamente |
40,000 m³ | mit EP = | 180,00 €/m³ | und GB = | 7.200,00 € |
Pos. 2 | Mauerwerk Wände |
200,000 m² | mit EP = | 90,00 €/m² | und GB = | 18.000,00 € |
eine im Angebots-LV nicht vorgesehene, zusätzlich geforderte Leistung als: |
Pos. 3 | Innenputz |
300,000 m² | mit EP = | 12,00 €/m² | und GB = | 3.600,00 € |
(vergleichbar zu EP bei angebotenen Leistungen im Vertrag oder nach den Kalkulationsgrundlagen des Hauptangebots bestimmt) |
Die Kalkulationsgrundlagen weisen folgende Anteile als %-Sätze jeweils vom Einheitspreis bzw. Gesamtbetrag (GB) aus:
Gemeinkosten (BGK + AGK) | = | 22 % |
Gewinn | = | 3 % |
Betriebsbezogenes Wagnis | = | 1 % |
Leistungsbezogenes Wagnis | = | 2 % |
Während der Ausführung stellen sich folgende Situationen dar:
Pos. 1 | = | Wegfall der gesamten Leistungsmenge |
Pos. 2 | = | tatsächlich ausgeführte Menge 270 m² |
folglich eine Mehrmenge von 50 m² vorliegend als 110 % = 220 m² überschreitende Menge |
Pos. 3 | = | zusätzliche Leistung nach Anordnung des Auftraggebers |
Überschlägige Ausgleichsberechnung (indirekte Berechnung)
1. | Leistungsminderung: |
| Pos. 1 = Wegfall der Leistung insgesamt | = | ./. 7.200,00 € |
2. | Leistungsmehrung: |
2.1 | Pos. 2 = Mengenmehrung 50,00 m² x 90,00 €/m² Vergütung der Mehrmenge ohne Kürzungen, d. h. ohne Vereinbarung eines neuen EP für die Mehrmenge | = | + 4.500,00 € |
2.2 | Pos. 3 = zusätzliche Leistung 300 m² x 12,00 €/m² | = | + 3.600,00 € |
| Differenz | = | + 900,00 € |
Im dargestellten Beispiel ist die Leistungsmehrung aus Mehrmenge und Zusatzleistung wertmäßig größer als der Leistungsausfall. Sie gleicht die vertraglich vereinbarte Vergütung für die entfallenden Leistungen (Pos. 1) aus. Folglich hat der Auftragnehmer keinen Anspruch auf Ausgleich der nicht gedeckten Gemeinkostenanteile sowie von Gewinn und betriebsbezogenem Wagnis.
Wäre die ursprünglich nicht vorgesehene, zusätzliche Leistung aus Pos. 3 jedoch tatsächlich nur im Umfang von 100 m² (anstelle von 300 m²) ausgeführt worden, dann entspräche die zusätzliche Leistung insgesamt nur + 1.200,00 €. Daraus würde sich eine negative Leistungsdifferenz von ./. 1.500,00 € (aus ./. 7.200,00 € + 4.500,00 € + 1.200,00 €) als Minderleistung und ein geringerer Vergütungsanspruch für den Auftragnehmer ableiten.
Der Vergütungsanspruch aus der Minderleistung ist dann folgendermaßen zu berechnen:
Minderleistung | x | (%-Satz aus Gemeinkosten, Gewinn und betriebsbezogenem Wagnis/ 100 %) |
1.500,00 € | x | (22 % + 3 % + 1 %) 100 % | 390,00 € |
Zu beachten bleibt, dass im Hauptangebot bzw. Vertrag nicht aufgeführte bzw. nicht vorgesehene, ggf. jedoch erforderliche oder vom Auftraggeber zusätzlich geforderte Leistungspositionen zunächst immer eine Mehrleistung bedeuten. Sie werden den möglichen Vergütungsanspruch aus einer Gemeinkostenunterdeckung bei Minderleistungen von im Angebot vorgesehenen Leistungspositionen schmälern. Zu prüfen wäre, ob bei zusätzlich zum Vertrag geforderten Leistungen, die keinen Vergleich mit angebotenen und vereinbarten Einheitspreisen ermöglichen, vom Auftragnehmer von vornherein ein Nachtragsangebot gestellt und geprüft und auf die Einbeziehung in die überschlägige Ausgleichsberechnung verzichtet werden sollte.