Baukalkulation / Angebot / Nachträge

Wagnis

Die Ausführung eines Bauauftrags kann für das Bauunternehmen mit Verlustgefahren infolge von Wagnissen verbunden sein. Zu differenzieren sind Wagnisse nach einem:
  • betriebsbezogenen Wagnis als allgemeines Unternehmenswagnis im Sinne des Gesamtrisikos, das kalkulatorisch mit dem Baupreis abzugelten ist und
  • leistungsbezogenen Wagnis als mit der Ausführung von Bauleistungen verbundenen Einzelwagnissen, die meistens nur bauauftragsbezogen auftreten und speziell festzustellen sind, sowie in der Kalkulation zu berücksichtigen wären.
Die Unterteilung zum Wagnis leitete sich als Umsetzung eines Urteils des BGH vom 24. März 2016 (Az.: VII ZR 201(15) ab. Danach ist ein betriebsbezogenes Wagnis als unternehmerisches Risiko nicht im Sinne ersparter Aufwendungen anzusehen und deshalb - beispielsweise bei einer Preisanpassung bei Mindermengen bei einem Einheitspreisvertrag nach VOB - nicht abzusetzen. Folglich erfordert dies eine differenzierte Aussage zum Wagnis mit dem Angebot des Bauunternehmers. Werden in Verbindung damit vom Auftraggeber die ergänzenden Formblättern Preise (EFB-Preis) 221 oder 222 auf Grundlage des Vergabe- und Vertragshandbuchs (VHB-Bund, Ausgabe 2017) verlangt, dann sind entsprechende Aussagen vom Bieter mit Unterteilung zum Wagnis zu treffen. Ggf. kann Aussagen hierzu auch eine zum Angebot vorgelegte Urkalkulation treffen.
Wagnis wurde in den letzten Jahrzehnten in der Regel ohne Unterteilung und als zusammengefasste Position von Wagnis und Gewinn als Wagnis und Gewinn (W&G) ausgewiesen. Seit 2018 sind nunmehr auch Aussagen zum Wagnis und Gewinn jeweils gesondert in den EFB-Preisblättern 221 (im Abschnitt 2 in Tz. 2.3) oder 222 (im Abschnitt 3 in Tz. 3.3) auszuweisen. Im "Leitfaden zur Vergütung bei Nachträgen" als Richtlinie 510 im VHB-Bund (Ausgabe 2017) wird unter Tz. 4.8 jedoch ausgesagt, dass Wagnis und Gewinn eigentlich "keine zwei selbstständigen, voneinander unabhängigen Begriffe" sind und es richtigerweise "Gewinn mit Wagnisanteil" heißen sollte. Je nachdem, in welchem Maße ein Wagnis eintritt, wird es letztlich den Gewinn vergrößern oder verringern. In der von den Hauptverbänden der Bauwirtschaft (HDB und ZVB) herausgegebenen, überarbeiteten 8. Auflage zur "KLR-Bau/ Kosten-, Leistungs- und Ergebnisrechnung der Bauunternehmen" (Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, Köln 2016) wird unter Tz. 2.4.2 empfohlen, nur noch den Begriff "Gewinn" anstelle von "Wagnis und Gewinn" zu verwenden und Wagnis nicht als eigenständigen und "echten" Preisbestandteil anzusehen. In den EFB-Preis ab 2018 werden jedoch noch weiter die unterteilten Aussagen nach Gewinn und Wagnis sowie neu differenziert nach betriebsbezogenem und leistungsbezogenem Wagnis vorgesehen.
Zur Abgabe eines Angebots sind im Rahmen der Baukalkulation für die zu kalkulierenden Wagnisse vorbestimmte Zuschläge bzw. Umlagen betriebsindividuell und/oder bauauftragsbezogen in Abhängigkeit vom anzuwendenden Kalkulationsverfahren z. T. mit Bezug auf unterschiedliche Verrechnungsbasen wie den Einzelkosten der Teilleistungen (EKT) bei der Zuschlagskalkulation und der bauauftragsbezogenen Bestimmung mit anschließender Umlage bei der Endsummenkalkulation zu bestimmen. Näher wird darauf unter Wagnis in der Baukalkulation eingegangen.
Wird bei der Kalkulation ein Prozentsatz für Wagnis von der Angebotssumme als Endpreis vorbestimmt, dann muss eine Umrechnung des Prozentsatzes auf die vor dem Gewinn kalkulierten Selbstkosten (als Summe aus EKT, BGK und AGK), beispielsweise bei der Endsummenkalkulation, als Bezugsbasis wie im folgenden Beispiel erfolgen:
Beispiel zur Umrechnung:
Anteil Wagnis vom Angebotspreis
(Angebotssumme) beispielsweise vorbestimmt zu
=3,00 %
Umrechnung: (3 x 100) : (100 - 3)
Zuschlagsatz auf die vorangegangene
Kostensumme, in der Regel auf die Summe der Selbstkosten
=3,09 %
Das Wagnis insgesamt wird beispielsweise:
  • mit Bezug auf Basis der EKT von ca. 3 bis 6 % umfassen und
  • als Anteil von der Angebotssumme sowie als Bestandteil des Deckungsbeitrags (DB) zwischen ca. 2 und 5 % ausmachen.
Das gesamte Wagnis kann einen Anteil von der Summe Wagnis und Gewinn (W&G) und von ca. 30 bis durchaus 60 % umfassen.
Die Ansätze werden je Bauauftrag variieren bzw. unterschiedlich hoch vorbestimmt werden. Ebenfalls werden innerhalb des Wagnisses die Anteile nach betriebsbezogenem und leistungsbezogenem Wagnis betriebsindividuell und auftragsbezogen sehr stark streuen.
Wird durch den Bauunternehmer als Bieter kein Ansatz für Wagnis oder ein Prozentsatz von Null angegeben, ist durch die Vergabestelle mit Bezug auf die Richtlinie zum Formblatt 321 im VHB-Bund - Ausgabe 2017 keine weitere Aufklärung erforderlich bzw. zu verlangen. Die Wirtschaftlichkeit eines solchen Angebots erfordert mit Bezug auf Tz. 3.3.1 in der Richtlinie zum FBl. 321 "keinen Ansatz für Wagnis und Gewinn".
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