Baubetrieb/Bauunternehmen

Besonderheiten der Bauwirtschaft

Gegenüber der stationären Industrie unterliegen die Bauunternehmen gravierend anderen Produktionsbedingungen. Besonders die Ortsgebundenheit der Bauwerke, die nur bedingte Wiederholung der Bauausführung u. a. nachfolgend aufgeführte Faktoren bedingen selbst für gleichartige Bauwerke im allgemeinen unterschiedlich hohe Baukosten. Alle diese Besonderheiten gering zu schätzen, hätte eine fehlerhafte Betrachtung der von der Bauwirtschaft zu lösenden Probleme zur Folge. Sie erfordern im Bauunternehmen zusätzliche Formen und Methoden der Einflussnahme, der Arbeitsvorbereitung und Abrechnung sowie des Controlling und Baumanagements.
Welche Besonderheiten sind besonders kennzeichnend?
  1. Die Erstellung von Bauwerken erfolgt in Form von Einzelaufträgen. Typisch ist die Einzelfertigung, in seltenen Fällen Serienfertigung (Wohnungsbau), aber auf gar keinen Fall eine Massenfertigung. Bauen bedeutet im wahrsten Sinne "extremste" und "individuellste" Einzelfertigung, wie es in der Wirtschaft keine Vergleiche gibt. Es gibt auch keinen überregionalen Markt für Bauleistungen, wie er z. B. für Baustoffe und Güter sowie in der übrigen Wirtschaft mit einer großen Anzahl von Anbietern typisch ist.
  2. Die einzelnen Bauwerke und die dafür auszuführenden Leistungen variieren sehr stark (z. B. Häuser, Brücken, Tunnel sowie Maurer-, Fliesen-, Malerarbeiten). Die dafür zwischen Bauherrn und Bauunternehmen abzuschließenden Bauverträge sind immer "objektbezogen" und stellen gewissermaßen ein Versprechen zur Ausführung der Bauleistung für die Zukunft und für ein Erzeugnis dar, das es noch nicht gibt.
  3. Die ständige Variation der Produkte erschwert notwendige Leistungsoptimierungen, da für Probeläufe u. a. weder Zeit noch genügend Serie zur Verfügung stehen. Folglich ist auch keine Lager- und Vorratsproduktion typisch. Die Bauausführung ist vordergründig "technische" Ausführung. Die zum Teil überbetont ingenieurmäßige Ausrichtung der Führung und des Managements auf der Baustelle braucht eine gleichwichtige Orientierung auf das kaufmännische Denken und die Gewinnerwirtschaftung.
  4. Die Bauleistungen setzen sich aus verschiedenen Teilleistungen als sehr unterschiedliche Bauarbeiten zusammen. Sie finden ihre Entsprechung in bautechnologischen Kapazitäten sowie im einzelnen, bauauftragsbezogenen, ihren Ausweis in vielfachen Leistungstiteln bzw. Leistungspositionen.
  5. Die Baustellen als Orte der Bauausführung sind ortsgebunden und streuen geographisch unter Umständen sehr weit, zum Teil sogar weltweit. Sie sind gewissermaßen ständig wechselnde bzw. "wandernde" Produktionsstätten, oft auch sehr weit entfernt vom Ort bzw. Sitz der Geschäftsleitung. Der Ort der Bauausführung als Grundstück gehört dem Bauherrn, es ist keine eigene Werksanlage. Die Ortsgebundenheit führt zu einer stets anderen Baustelleneinrichtung und vorbereitenden Leistungen, die ca. 5 % - 12 % des gesamten Baupreises ausmachen
  6. Die Situation des Wettbewerbs auf dem Baumarkt wechselt ständig und meistens stark, besonders aus den Finanzierungssituationen der Auftraggeber heraus. Dies wirkt sich wiederum auf die Qualität der Projekt- und Ausschreibungsunterlagen aus. Die Bauplanung erfolgt in der Regel durch externe Architekten und Bauingenieure, die häufig auch noch nach Baubeginn Projekt- und Terminplanänderungen vornehmen.
  7. Die Spezifik des Baumarktes führt immer wieder neue Auftraggeber und Auftragnehmer zusammen. Andererseits wechseln die Baubetriebe oft ihre Kooperationspartner für Leistungen der Nachunternehmer. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn ein Bauherr eine "schlüsselfertige" Errichtung des Bauwerkes wünscht, dafür den Bauauftrag an einen Generalunternehmer erteilt und dieser wiederum Nachunternehmer mit Subleistungen beauftragt.
  8. Oft sprechen Umfang und Schwierigkeit eines Bauvorhabens dafür, dass sich Bauunternehmen für den einen Bauauftrag zusammenschließen und ein Angebot als Bietergemeinschaft dem Bauherrn antragen und bei Auftragserteilung dann die Bauausführung in Form einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) realisieren.
  9. Die Bauausführung ist eine im Allgemeinen langfristige Fertigung. Die Bauzeit umfasst Wochen, in der Regel Monate und gegebenenfalls Jahre. Dabei fallen relativ stetige Auszahlungen und Aufwendungen an, denen aber nur diskontinuierliche Einzahlungen und Erträge gegenüberstehen. Der Bauunternehmer steht im Allgemeinen finanziell in der Vorleistung.
  10. Bauleistungen sollen so vergeben werden, dass die Vergütung nach Leistung bemessen wird. Dies kann in Form eines Einheitspreisvertrages mit Einheitspreisen für technisch und wirtschaftlich einheitliche Teilleistungen, die vom Auftraggeber exakt in den Verdingungsunterlagen nach Menge anzugeben sind, erfolgen. Bezahlt wird daraufhin die Ist-Menge der ausgeführten Bauleistungen zu den vereinbarten Einheitspreisen. Demgegenüber kann auch in geeigneten Fällen mit einem Pauschalvertrag ein Pauschalpreis vereinbart werden, wenn die Leistung nach Ausführungsart und Umfang genau bestimmt ist und mit einer Änderung bei der Ausführung nicht zu rechnen ist.
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