Baurecht / BGB

Ersatzvornahme (nach VOB)

Handelt es sich beim Bauvertrag um einen VOB-Vertrag, kann Ersatzvornahme durch einen Dritten zu Lasten des Bauunternehmens als Auftragnehmer bzw. auf dessen Kosten zur Erfüllung eines Vertrags erforderlich werden, wenn er seinen vertraglichen Pflichten nicht nachkommt.
Als mögliche Anlässe kommen infrage:
  • Der Auftragnehmer kommt der Aufforderung zur Beseitigung von Mängeln, die bei der Abnahme festgestellt wurden, mit Bezug auf § 13 Abs. 5, Nr. 2 VOB/B auch nach einer vom Auftraggeber gesetzten Frist nicht nach.
  • Der Auftragnehmer kommt seiner Pflicht zur Beseitigung eines während der Bauausführung festgestellten Mangels nach § 4 Abs. 7 VOB/B nach einer angemessenen Frist nicht nach, so dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer den Auftrag mit Kündigung nach § 8 Abs. 3 VOB/B entziehen und danach eine Ersatzvornahme durch einen Dritten veranlassen kann.
  • Der Auftraggeber kann dem Auftragnehmer den Vertrag nach § 8 Abs. 4 VOB Teil B entziehen, wenn letzterer aus Anlass der Vergabe eine Abrede getroffen hat, die eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt und danach die Leistung als Ersatzvornahme durch einen Dritten zu Lasten des Auftragnehmers ausführen lassen.
Erfolgte eine Ersatzvornahme, dann hat der Auftragnehmer die Kosten zu übernehmen. Zu erstatten wären Kosten in einer Höhe, die der Auftraggeber nach vernünftigen und wirtschaftlichen Aspekten im Zeitpunkt der Mängelbeseitigung auf Grundlage sachkundiger Beratung und Einschätzung für erforderlich halten durfte. Dies wurde bekräftigt in einem Urteil des OLG Celle vom 4. August 2016 (Az.: 13 U 104/12). Als erforderlich sind die "Kosten anzusehen, die der Auftraggeber für die Selbstvornahme aufgewendet hat, solange er nicht annehmen musste, dass sie unnötig, unzweckmäßig oder überteuert sind". Überteuerte Kosten könnten vorliegen, wenn eine preiswertere Mängelbeseitigung vorher erkennbar möglich und zumutbar gewesen wäre. Im Urteil wird ausgedrückt, dass der Auftraggeber aber nicht angehalten ist, einen besonders preisgünstigen Dritten für die Mängelbeseitigung zu finden. Sollte die Mängelbeseitigung sehr dringend sein, kann er auch einen überhöhten Preis akzeptieren, wenn die Einholung verschiedener Gebote zeitlich nicht geboten und möglich ist. Dem Bauunternehmen bliebe jedoch noch vorbehalten, Anhaltspunkte für einen ggf. vorliegenden überhöhten Kostenansatz vorzubringen.
Erfolgte eine Ersatzvornahme durch den Auftraggeber, dann sei verwiesen auf die Verwendung des Formblatts 443 zur Abnahme von Mängelbeseitigungsleistungen im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017) sowie ergänzende Aussagen in der Richtlinie zum Formblatt. Mindestens im Geltungsbereich des VHB-Bund ist es bei öffentlichen Bauaufträgen zu berücksichtigen. Dem Auftraggeber bleibt es vorbehalten, vor der Ersatzvornahme durch einen Dritten dem Auftragnehmer nochmals eine Frist zur Mängelbeseitigung vorzugeben bzw. ihn zur Mängelbeseitigung aufzufordern.
Im Gegensatz zur Ersatzvornahme wird bei einem Werkvertrag nach BGB mit Bezug auf § 637 BGB von Selbstvornahme (nach BGB) gesprochen, und zwar als Recht des Bauherrn als Besteller oder Verbraucher auf Beseitigung eines Mangels nach erfolgloser Aufforderung gegenüber dem Auftragnehmer und Fristverstreichung.
Bauprofessor-Redaktion
Dieser Beitrag wurde von unserer Bauprofessor-Redaktion erstellt. Für die Inhalte auf bauprofessor.de arbeitet unsere Redaktion jeden Tag mit Leidenschaft.
Über Bauprofessor »
Copyright bauprofessor.de Lexikon
Herausgeber: f:data GmbH Weimar und Dresden
Die Inhalte dieser Begriffserläuterung und der zugehörigen Beispiele sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung der f:data GmbH unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Alle in diesem Werk enthaltenen Angaben, Ergebnisse usw. wurden von den Autoren nach bestem Wissen erstellt. Sie erfolgen ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie der f:data GmbH. Sie übernimmt deshalb keinerlei Verantwortung und Haftung für etwa vorhandene Unrichtigkeiten.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen.

Verwandte Fachbegriffe

Mehr zum Thema
Um Ihnen den bestmöglichen Service zu bieten, verwenden wir Cookies. Einige dieser Cookies sind erforderlich für den reibungslosen Ablauf dieser Website, andere helfen uns, Inhalte auf Sie zugeschnitten anzubieten. Wenn Sie auf „ Ich akzeptiere“ klicken, stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Individuelle Cookie-Einstellungen Ich akzeptiere