Kommt ein Bauunternehmen als Auftragnehmer seinen vertraglichen Pflichten nicht nach, können diese bei einem VOB-Vertrag auf seine Kosten von Dritten vorgenommen werden.
Was ist eine Ersatzvornahme?
Als Ersatzvornahme gilt eine geschuldete Handlung für die Mängelbeseitigung, wenn sie von einem Dritten erfolgt. Im Baurecht wird sie oft herangezogen.
Kommt ein Bauunternehmen als Auftragnehmer seinen vertraglichen Pflichten für die mängelfreie Leistung nicht nach, kann bei einem VOB-Vertrag die Ersatzvornahme durch einen Dritten zu Lasten des Bauunternehmens zur Erfüllung des Vertrags erforderlich werden. Gründe für eine Ersatzvornahme
Diese Anlässe können Gründe für eine Ersatzvornahme sein:
Der Auftragnehmer kommt seiner Pflicht zur Beseitigung eines während der Bauausführung festgestellten Mangels nach § 4 Abs. 7 VOB Teil B nach einer angemessenen Frist nicht nach, sodass der Auftraggeber dem Auftragnehmer den Auftrag mit Kündigung nach § 8 Abs. 3 VOB Teil B entziehen und danach eine Ersatzvornahme durch einen Dritten veranlassen kann. Der Auftraggeber kann dem Auftragnehmer den Vertrag nach § 8 Abs. 4 VOB Teil B entziehen, wenn letzterer aus Anlass der Vergabe eine Abrede getroffen hat, die eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt und danach die Leistung als Ersatzvornahme durch einen Dritten zu Lasten des Auftragnehmers ausführen lässt.
Beseitigt der Auftragnehmer die Mängel, die bei der Abnahme festgestellt wurden, auch nach der Frist nicht, kann er eine Ersatzvornahme vornehmen.
Bild: © f:data GmbH
Ersatzvornahme in den Vergabehandbüchern
Spezifische Aussagen zur Ersatzvornahme als Mängelbeseitigung durch Dritte werden zu öffentlichen Bauverträgen noch in den Vergabehandbüchern getroffen, so zu
Hochbaumaßnahmen im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund) in der Richtlinie zum Formblatt 443 – Abnahme Mängelbeseitigungsleistungen.
Die Abnahme der Mängelbeseitigungsleistungen ist als förmliche Abnahme vorzunehmen nach: VHB-Bund ab einer Auftragssumme von 10.000 €. HVA B-StB kann bei geringer Bedeutung des Mangels darauf verzichtet werden. Dies ist zu dokumentieren.
Wer muss zahlen?
Erfolgte eine Ersatzvornahme, dann hat der Auftragnehmer die Kosten zu übernehmen. Zu erstatten sind die Kosten in einer Höhe, die der Auftraggeber nach vernünftigen und wirtschaftlichen Aspekten im Zeitpunkt der Mängelbeseitigung auf Grundlage sachkundiger Beratung und Einschätzung für erforderlich halten durfte. Dies wurde bekräftigt in einem Urteil des OLG Celle vom 4. August 2016 (Az.: 13 U 104/12). Als erforderlich sind die "Kosten anzusehen, die der Auftraggeber für die Selbstvornahme aufgewendet hat, solange er nicht annehmen musste, dass sie unnötig, unzweckmäßig oder überteuert sind". Überteuerte Kosten könnten vorliegen, wenn eine preiswertere Mängelbeseitigung vorher erkennbar möglich und zumutbar gewesen wäre.
Laut dem Urteil muss der Auftraggeber allerdings nicht einen besonders preisgünstigen Dritten für die Mängelbeseitigung finden. Sollte die Mängelbeseitigung sehr dringend sein, kann er auch einen überhöhten Preis akzeptieren, wenn die Einholung verschiedener Gebote zeitlich nicht geboten und möglich ist. Dem Bauunternehmen bliebe jedoch noch vorbehalten, Anhaltspunkte für einen ggf. vorliegenden überhöhten Kostenansatz vorzubringen.
Der Auftraggeber kann auch einen Kostenvorschuss für Mängelbeseitigung verlangen. Die Höhe des Kostenvorschusses soll sich nach den voraussichtlich erforderlichen Kosten richten. Die Schätzung des voraussichtlichen Umfangs kann ggf. durch ein Angebot eines Dritten untermauert werden. Ersatzvornahme nach Vertragskündigung
Nach § 8 Abs. 3, Nr. 2 VOB Teil B kann der Auftraggeber die dem Auftragnehmer gekündigten und damit entzogenen Leistungen von einem Dritten ausführen lassen. In diesem Fall gehen die Mehrkosten beim Auftraggeber zu Lasten des Auftragnehmers, einschließlich eines möglichen weiteren Schadenersatzes. Verzichtet der Auftraggeber jedoch auf die weitere Ausführung, dann steht ihm nur Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu. Bei Kündigung durch den Auftraggeber kann er für die Weiterführung der Arbeiten durch Dritte die Einrichtungen u. a. des gekündigten Auftragnehmers nutzen. Dafür ist aber das Einverständnis des Auftragnehmers notwendig.
Der Auftraggeber, der ohne Einverständnis des Auftragnehmers dessen Geräte und Stoffe in Besitz nutzt, begeht „verbotene Eigenmacht“ (vgl. § 858 BGB). Der Auftraggeber ist nicht zum eigenmächtigen Handeln befugt, wie dies auch in einem Urteil des OLG Düsseldorf vom 28.11.2007 (Az.: 11 U 19/07) bekräftigt wurde. Deshalb empfiehlt es sich für den Auftraggeber, den Auftragnehmer unverzüglich nach Kündigung möglichst mit Fristsetzung aufzufordern, sein Einverständnis zur gewünschten Nutzung der für den Weiterbau benötigten Stoffe, Geräte und Einrichtungen zu erklären. Verweigert der Auftragnehmer seine Zustimmung oder reagiert er nicht auf eine entsprechende Anforderung, kann der Auftraggeber ggf. die Zustimmung mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung ersetzen lassen. Hat der Auftragnehmer sein Einverständnis erklärt, so steht ihm eine angemessene Vergütung für die weitere Nutzung von Gegenständen und Einrichtungen durch den Auftraggeber zu.
Bei weiterer Nutzung von Gegenständen und Einrichtungen des Auftragnehmers mit seinem Einverständnis obliegt es dem Auftraggeber, eine Aufstellung über die entstandenen Mehrkosten und ggf. weitere Ansprüche vorzulegen, und zwar innerhalb von zwölf Werktagen, also 2 Wochen.