Der Auftraggeber (AG) als Bauherr kann bis zur Vollendung der Leistung jederzeit und ohne Angabe von einzelnen Gründen den Bauvertrag kündigen. Grundlagen für die Kündigung
Rechtliche Grundlagen für eine freie Kündigung liefern die Vorschriften bei einem:
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In der Regel ist die Kündigung eines Bauvertrags durch den Auftraggeber dahingehend zu verstehen, dass eine freie Kündigung gewollt ist. Sollte sie der Auftraggeber nicht so verstanden wissen, muss das aus der Erklärung oder den Umständen sichtbar sein.
Form der Kündigung
Jede Kündigung eines Bauvertrags ist schriftlich zu erklären, einerseits nach § 8 Abs. 6 VOB/B sowie zu BGB-Bauverträgen nach § 650h BGB. Die Schriftform soll Rechtssicherheit und Beweisbarkeit unterstützen. Sie kann auch in elektronischer Form (nach § 126a BGB) erfolgen, jedoch nicht durch E-Mail in einfacher Textform. Bei Nichteinhaltung der schriftlichen Form bliebe eine Kündigung nach § 125 BGB unwirksam. Zu sichern ist, dass die Kündigung auch den Bauunternehmer als Auftragnehmer erreicht hat. Das Recht der Kündigung ist zeitlich begrenzt auf den Zeitpunkt der mängelfreien Abnahme. Wurden zur angebotenen Abnahme Mängel festgestellt, die behebbar sind, so ist die Kündigung bis zum Zeitpunkt der Mängelbeseitigung möglich.
Zur freien Kündigung des BGB-Vertrags
Besteller oder Verbraucher als Auftraggeber können jederzeit und frei einen BGB-Vertrag "bis zur Vollendung des Werks" kündigen. In diesem Fall ist dann der Bauunternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung unter Abzug von tatsächlich ersparten Aufwendungen zu verlangen, worauf weiter unten näher eingegangen wird. Für den bis zur Kündigung noch nicht erbrachten Teil der vereinbarten Bauleistung bleibt zu vermuten, dass dem Bauunternehmer nach § 648 BGB noch 5 % auf die vom noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallende vereinbarte Vergütung zustehen. Zur freien Kündigung des VOB-Vertrags
Bei einem VOB-Vertrag steht dem Auftraggeber nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B auch die freie Entscheidung zu, einen Bauvertrag zu beenden. Für eine Kündigung muss kein wichtiger Grund vorliegen. Andererseits können wichtige Gründe, die vom Auftragnehmer hervorgerufen wurden, Anlass für eine Kündigung durch den Auftraggeber sein. Eine Kündigung, die ausschließlich für den Fall erklärt wird, dass ein außerordentlicher Kündigungsgrund vorliegt, wird nach einem Urteil des BGH vom 24.07.2003 (Az.: VII ZR 218/02) als unwirksam angesehen, wenn ein solcher Grund nicht gegeben ist. Eine freie Kündigung des Auftraggebers ist auch dann möglich, wenn er selbst den Grund dafür liefert oder evtl. selbst Pflichten gegenüber dem Bauunternehmer nicht erfüllt hat.
Das Recht der Kündigung ist zeitlich begrenzt auf den Zeitpunkt der mängelfreien Abnahme. Wurden zur angebotenen Abnahme Mängel festgestellt, die behebbar sind, so ist die Kündigung bis zum Zeitpunkt der Mängelbeseitigung möglich.
Zum Leistungsumfang der Kündigung
Die Kündigung kann sich beim VOB-Vertrag sowohl auf einzelne Teile (als Teilkündigung zum Bauvertrag) als auch auf den gesamten Vertrag beziehen. Oft treten in der Praxis die Fälle auf, dass der Auftraggeber: - selbst Teile der vertraglichen Leistung übernimmt, besonders im Vertragsverhältnis zwischen beispielsweise Generalunternehmer (GU) und Nachunternehmern (NU),
- Dritte beauftragt unter eigener Regie.
Abzugrenzen wäre jedoch der Bezug auf einzelne Bedarfspositionen sowie Leistungsänderungen zum Bauentwurf oder hinsichtlich zusätzlicher Leistungen. Bedarfspositionen stellen Alternativ- und Eventualpositionen dar, die mit Bezug auf § 7 Abs. 1 Nr. 4 VOB/A grundsätzlich nicht in die Leistungsbeschreibung aufzunehmen sind, aber in der Praxis – besonders außerhalb öffentlicher Bauaufträge – noch vielfach anzutreffen sind. Das gilt auch für angehängte Stundenlohnarbeiten, die nur im unbedingt erforderlichen Maße in einer Leistungsbeschreibung auftreten sollen. Werden solche, im Leistungsverzeichnis ausgeschriebene Positionen nicht beauftragt oder im Ist nicht erbracht, kann nicht von einer Kündigung gesprochen werden. Auch stellt eine Mindermenge im Ist gegenüber dem Umfang in der Ausschreibung keine Kündigung dar. Nachweis ersparter Aufwendungen bei freier Kündigung
Dem Bauunternehmen als Auftragnehmer steht ein Vergütungsanspruch bei Kündigung des Bauvertrags nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB/B zu. Der Auftragnehmer muss sich aber anrechnen lassen, was er an Kosten erspart, was er anderweitig erwirbt und was er böswillig zu erwerben unterlässt. Für die ersparten Aufwendungen sind nach dem Urteil des BGH vom 16. November 2016 (Az.: VII ZR 314/13) die „tatsächlichen“ Kosten, nicht die „kalkulierten“ Kosten maßgebend. Der Vergütungsanspruch ist zu belegen und ggf. detailliert hinsichtlich der eingesparten Kosten bzw. anderweitigen Verwendungen nachzuweisen. Der Auftragnehmer kann und sollte zum Nachweis der ersparten Kosten die detaillierten Aussagen zu den Kalkulationsansätzen der Angebotskalkulation heranziehen, beispielsweise in den ergänzenden Formblättern Preise (EFB-Preise) 221 bis 223 nach Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) oder aus einer vorgelegten Urkalkulation. Der Auftragnehmer kann auch darlegen und beweisen, dass die tatsächlichen Aufwendungen höher sind und weniger erspart wurde, praktisch die vorherige Kalkulation nicht mehr zutreffend ist. Eine Kündigung des Bauvertrags zu wesentlichen Leistungsteilen als Wegfall von Leistungen im Sinne einer Teilkündigung zum Bauvertrag wird zwangsläufig auch mit „verlorenem Aufwand“ und Gewinnausfall aufgrund einer Unterdeckung kalkulierter Gemeinkosten verbunden sein. Nähere Aussagen werden hierzu mit einem Beispiel unter Vergütungsanspruch bei Kündigung des Bauvertrags getroffen. Wenn die gekündigte Bauleistung oder Teile davon nicht ausgeführt wurden, müsste dem Grunde nach auch der Anteil von Wagnis innerhalb von Wagnis und Gewinn (W&G) entfallen bzw. als "erspart" angesehen werden. Hierzu hat jedoch zu einem Fall der BGH mit Urteil vom 24. März 2016 (Az.: VII ZR 2011/15, in IBR 2016, 1046) die Entscheidung getroffen, dass bei einer freien Auftraggeberkündigung der vom Auftragnehmer im Rahmen eines Einheitspreisvertrages auf der Grundlage des EFB-Formblatts 221 kalkulierte Zuschlag für Wagnis "nicht als ersparte Aufwendung" von der Vergütung nach § 649 BGB bzw. § 8 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B in Abzug zu bringen ist, da damit das "allgemeine unternehmerische Risiko abgesichert werden soll". Bei einer freien Kündigung obliegt dem Auftragnehmer primär der Nachweis zur Vergütung und dabei ersparter Aufwendungen. Er trägt praktisch die „Erstdarlegungslast“. Sollte der Auftraggeber anderer Auffassung sein und höhere Kosten als erspart ansehen, kommt ihm dann die „Darlegungs- und Beweislast“ zu, so auch im Urteil des BGH vom 21. Dezember 2000 (Az.: VII ZR 467/99) bekräftigt.