In der Baubranche gelten spezifische Regelungen zu Arbeitszeiten, Überstunden, Nachtarbeit und Ruhezeiten. Welche das sind, lesen Sie hier im Überblick.
Was gilt als Arbeitszeit?
Als Arbeitszeit gilt nach § 1 Abs. 1 im Arbeitszeitgesetz (ArbZG vom 6. Juni 1994, zuletzt geändert vom 22. Dezember 2022) werktäglich die „Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen“. Im Fall von mehreren Arbeitgebern sind die Arbeitszeiten zusammenzurechnen. Auch Bereitschaftsdienst und Arbeitsbereitschaft gelten als Arbeitszeit, nicht jedoch die Rufbereitschaft.
Die Arbeitszeit wird im Baugewerbe in Tarifverträgen geregelt. Allgemein beginnt und endet die Arbeitszeit an der Arbeitsstelle, sofern keine andere Vereinbarung getroffen wurde. Bei Baustellen mit größerer Ausdehnung kann als Ort auch eine Sammelstelle bestimmt werden. Auch auf Baustellen gibt es unterschiedliche Regelungen zu Arbeitszeiten in den Sommer- und Wintermonaten.
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Welche Arbeitszeitformen gibt es?
Bei der Arbeitszeit ist wichtig, welche unterschiedliche Intensität einer jeweiligen Arbeit bzw. Tätigkeit zugrunde liegt. Danach sind folgende Arbeitszeitformen zu unterscheiden:
Vollarbeit:
Umfassend die reguläre Arbeitszeit mit "voller" Beanspruchung und geltend als Arbeitszeit.
Bereitschaftsdienst:
Der Arbeitnehmer hat Arbeit nach Aufforderung zu leisten, die Zeit gilt als Arbeitszeit.
Arbeitsbereitschaft:
Überwachung zum Arbeits- bzw. Bauprozess erfolgt aus der Ferne, ggf. ist eigene Initiative bzw. bei Bedarf ein Eingreifen durch den Arbeitnehmer erforderlich, die Zeit ist geltend als Arbeitszeit.
Rufbereitschaft:
Der Arbeitnehmer hat sich zum eventuellen zeitnahen Arbeitseinsatz bereitzuhalten, wofür er erreichbar sein muss, diese Zeit gilt nicht als Arbeitszeit.
Die tarifliche Wochenarbeitszeit
Danach beträgt die regelmäßige Wochenarbeitszeit durchschnittlich 40 Stunden, ausschließlich Ruhepausen. Sie ist für die gewerblichen Arbeitnehmer weiter zu differenzieren nach der:
- Sommerarbeitszeit (April bis November) mit wöchentlich 41 Stunden
- Winterarbeitszeit (Januar bis März und Dezember) mit wöchentlich 38 Stunden
Sind Bauarbeiten durch gewerbliche Arbeitnehmer aus Bauunternehmen in einem fachfremden Betrieb auszuführen, für den nicht die betriebliche Arbeitszeitverteilung wie für das Baugewerbe üblich ist, so kann mit Bezug auf § 3 Nr. 3 des BRTV-Baugewerbes die Arbeitszeit der jeweiligen Arbeitnehmer des fachfremden Betriebs angepasst werden. Die differenzierte Wochenarbeitszeit im Bereich BRTV-Baugewerbe der gewerblichen Arbeitnehmer nach Sommer- und Wintermonaten kann auch analog für Angestellte und Poliere angewendet werden, wenn deren Tätigkeit unmittelbar mit derjenigen der gewerblichen Arbeitnehmer in Verbindung steht.
In Bauunternehmen außerhalb des Geltungsbereiches des BRTV-Baugewerbes sowie speziell in Gewerben des Ausbaus gilt nach den jeweils maßgebenden Tarifverträgen eine teils vom Bauhauptgewerbe abweichende wöchentliche Arbeitszeit und deren Differenzierung während des Jahres, beispielsweise im: Dachdeckerhandwerk nach § 3 im RTV-Dachdeckerhandwerk eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden, ebenfalls differenziert von 37,5 Stunden / Woche in der 1. bis 17. Kalenderwoche (KW), von 40 Stunden in der 18. bis 48. KW und von 37,5 Stunden in der 49. bis 52. KW, wobei der 24. und 31. Dezember arbeitsfrei sind.
Gerüstbaugewerbe nach § 3 im RTV-Gerüstbauerhandwerk eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden und Differenzierung von 40 Stunden in einer bis 31-wöchigen Sommerarbeitszeit und von 37,5 Stunden in einer bis 16 Wochen umfassenden Winterarbeitszeit (beginnend am 1. Januar eines jeden Jahres).
Garten- und Landschaftsbau (GaLaBau) ganzjährig 39 Stunden / Woche, wobei der 24. Dezember eines jeden Jahres bei Fortzahlung des Arbeitslohns arbeitsfrei ist.
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit liefert die Grundlage für die Ableitung der werktäglichen Arbeitszeit im Baugewerbe, wiederum mit Differenzierung in den Monaten bzw. Wochen der Sommer- und Winterarbeitszeit.
Die werktägliche Arbeitszeit im Baugewerbe
in den Monaten Januar bis März und Dezember – abgeleitet aus der wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden ausschließliche der Ruhepausen – montags bis donnerstags 8 Stunden und freitags 6 Stunden.
in den Monaten April bis November – abgeleitet aus der wöchentlichen Arbeitszeit von 41 Stunden – montags bis donnerstags 8,5 Stunden und freitags 7 Stunden.
Die werktägliche Höchstarbeitszeit darf nach § 3 ArbZG 8 Stunden nicht überschreiten. Sie kann aber auf bis zu 10 Stunden verlängert werden. Die tägliche Arbeitszeit, die über 8 Stunden hinausgeht, muss nach § 16 Abs. 2 ArbZG aufgezeichnet werden. Dabei bleibt zu beachten, dass für die tägliche Arbeitszeit nicht der Kalendertag von 0:00 bis 24:00 Uhr, sondern ein individueller Arbeitstag mit Beginn der Tätigkeit maßgeblich ist. Diese Regelungen dürfen nicht missbräuchlich ausgenutzt werden.
Ausnahmeregelungen bei werktäglicher Arbeitszeit
Nach § 15 Abs. 2 ArbZG sind Ausnahmen möglich. Im Baugewerbe kann die werktägliche Arbeitszeit durch eine Betriebsvereinbarung oder ggf. einzelvertragliche Vereinbarungen im Rahmen einer Form der Arbeitszeitflexibilisierung gestaltet werden. Voraussetzung ist hierfür ein Arbeitszeitausgleich innerhalb von 2 Wochen oder in einem zwölfmonatigen Ausgleichszeitraum. Möglich ist dann auch eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit auf bis zu 10 Stunden und auch eine Überschreitung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen. Dies gilt auch für Angestellte und Poliere, wenn deren Tätigkeit unmittelbar mit derjenigen der gewerblichen Arbeitnehmer in Verbindung steht. Ansonsten gilt die Wochenarbeitszeit von 40 Stunden mit werktäglich 8 Stunden. Durch Betriebsvereinbarung oder, wenn kein Betriebsrat besteht, durch einzelvertragliche Vereinbarung kann eine Regelung zur Gleitzeit vorgesehen werden. Wendet ein Bauunternehmen nicht die tariflich mögliche Arbeitszeitflexibilisierung an, kann er sich für eine Überschreitung der werktäglichen Arbeitszeit eine Bewilligung der Aufsichtsbehörde (in der Regel Gewerbeaufsichtsämter bzw. Arbeitsschutzämter) mit Bezug auf § 15 Abs. 1, Nr. 2 ArbZG einholen. Sie kann ausdrücklich nur für Bau- und Montagestellen gewährt werden. Bei Bewilligung von Ausnahmen darf aber die Arbeitszeit von 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von 6 Monaten oder 24 Wochen nicht überschritten werden.
Ausnahmen zur werktäglichen Höchstarbeitszeit sind nach § 15 Abs. 2 ArbZG durch die Aufsichtsbehörde auch möglich, wenn sie im öffentlichen Interesse dringend nötig werden. Das kann auch vorübergehende Arbeiten betreffen, z. B.:
- in außergewöhnlichen Notfällen nach § 14 ArbZG
- in Fällen, die bei Nichterledigung der Arbeiten zu Gefährdungen führen oder einen unverhältnismäßig hohen Schaden zur Folge hätten
Eine weitere Besonderheit bezieht sich auf die Arbeitszeitverlängerung im Bahnbau (Arbeiten an Bahnanlagen im Gleisbau von Eisenbahnen) nach § 3 Nr. 5.4 im BRTV-Baugewerbe, wonach die Arbeitszeit im Einvernehmen mit dem Betriebsrat über 10 Stunden hinaus verlängert werden kann, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt.
Arbeitszeit-Regelungen von Maschinen- und Kraftwagenpersonal
Die regelmäßige Arbeitszeit für Maschinen- und Kraftwagenpersonal im Bauhauptgewerbe wird speziell in § 3 Nr. 2 im BRTV-Baugewerbe bestimmt. Zunächst gilt auch für dieses Personal eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden. Sie darf wöchentlich jedoch bis zu 4 Stunden, diejenige für Kraftwagenfahrer und -beifahrer bis zu 5 Stunden über die jeweils maßgebliche wöchentliche Arbeitszeit hinaus verlängert werden. Für das betreffende Personal können auch die Formen der Arbeitszeitflexibilisierung nach BRTV-Baugewerbe angewendet werden. Für Kraftwagenfahrer und Beifahrer darf der reine Dienst am Steuer 8 Stunden täglich nicht überschreiten. Darüber hinaus gelten die gesetzlichen Vorschriften.
Die Arbeitszeit muss aufgezeichnet werden
Ableitend aus der Rechtsprechung des EuGH hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 13. September 2022 entschieden, dass für alle Unternehmen eine Pflicht zur umfassenden Arbeitszeiterfassung besteht. Vom BAG erfolgten jedoch keine konkreten Hinweise zur Ausgestaltung, die voraussichtlich später durch den Gesetzgeber mit einer Regelung im ArbZG erfolgt. Folglich ergibt sich vorerst noch kein dringender Handlungsbedarf durch Bau-Arbeitgeber.
Daneben bestehen generell die bußgeldbewertete Aufzeichnungspflicht nach AentG (Arbeitnehmerentsendegesetz) sowie die zum Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz. Danach sind vom Bauunternehmen als Arbeitgeber folgende Dokumente im Rahmen einer ausgeweiteten Aufzeichnungspflicht bereitzustellen: Nachweis der täglichen Arbeitszeit der gewerblichen Arbeitnehmer nach Beginn, Ende und Dauer, mit Anmerkungen ggf. zu Pausen, Urlaub, Krankheit, Feiertag u. a. an einzelnen Kalendertagen.
Nachweis der Zahlung von stundenbezogenen Zuschlägen ebenfalls nach Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit, die einen Zuschlag begründet, sowie Angabe der einen Zuschlag begründenden Tatsachen zur Überprüfbarkeit.
Regelungen zu Überstunden, Nachtarbeit, Ruhezeiten
In Verbindung zur Arbeitszeit sollten auch folgende bauspezifische Ausführungen berücksichtigt werden:
Verwiesen sei auch auf die vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) herausgegebene Kurzübersicht zum "Arbeitszeitrecht in der Bauwirtschaft" als praktische Hilfestellung zu speziellen Fragen des Arbeitszeitrechts nach ArbZG.