Baukalkulation / Angebot / Nachträge

Leistungsbezogenes Wagnis

Verlangt der Auftraggeber zum Angebot des Bauunternehmens als Bieter die ergänzenden Formblätter Preise (EFB-Preis) 221 (bei Zuschlagskalkulation) oder 222 (bei Endsummenkalkulation) nach dem Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017), so sind in den Formblättern seit 1. Januar 2018 Aussagen gesondert zum "leistungsbezogenen Wagnis" zu treffen. In den Jahren davor wurde das Wagnis ohne Unterteilung in den EFB-Blättern abgefordert und als zusammengefasste Position von Gewinn und Wagnis als Wagnis und Gewinn (W&G) ausgewiesen. Weiterhin bleibt zu beachten, dass der Gewinn ebenfalls als gesonderte Position in den EFB-Preisblättern anzuführen ist.
Das leistungsbezogene Wagnis repräsentiert vorrangig mit der Ausführung der Bauleistungen verbundene Wagnisse, insbesondere auf Leistungspositionen bezogene Einzelwagnisse, die kalkulatorisch mit dem Baupreis abzugelten sind. Sie können mit erheblichen Verlusten für das Bauunternehmen verbunden sein und den wirtschaftlichen Erfolg zum Bauauftrag schmälern. Welche speziellen Risiken sich aus der Bauwirtschaft allgemein sowie den Besonderheiten des Bauprozesses und für ein Bauunternehmen ableiten sowie bei der Kalkulation zu berücksichtigen sind, ist zu prüfen und für die Kalkulation vorzubestimmen. Sie können sich bereits aus den Leistungsbeschreibungen zum Bauauftrag im Leistungsverzeichnis (LV) und speziell auszuführenden Technologien, Baugrund- und Baustellenverhältnissen, dem Baumaschineneinsatz u. a. ableiten lassen. Verwiesen sei hierzu auch auf Ausführungen unter Kalkulationsrisiken.
So wie das leistungsbezogene Wagnis ist auch gesondert das betriebsbezogene Wagnis als allgemeines Unternehmenswagnis auszuweisen. Beide zusammen umfassen das gesamte kalkulierte Wagnis. Wie hoch sich die Anteile beider Bestandteile am gesamten Wagnis darstellen, kann nur betriebsindividuell vorbestimmt sowie nach betrieblicher Erfahrung und ggf. von Erkenntnissen aus Vorjahren oder vergleichbarer Bauvorhaben abgeleitet werden. Die Anteile können zwischen verschiedenen Bauaufträgen variieren und ggf. nach Bauleistungssparten wie Hochbau, Tiefbau, Verkehrsbau u. a. stark streuen, denn bei der Ausführung der Bauleistungen können leistungsbezogene Risiken in vielfältiger Art und Weise eintreten.
Der Anteil des leistungsbezogenen Wagnisses vom gesamten Wagnis wird auch mit abhängig davon sein,
  • ob und in welchem Maße bereits Teile mit in der Kalkulation zu den Einzelkosten der Teilleistungen (EKT) bei einzelnen Leistungspositionen Berücksichtigung fanden und
  • betriebsbezogene Wagnisse eintreten können und als solche ausgewiesen werden.
Das leistungsbezogene Wagnis ist in den EFB-Preisblättern wie folgt auszuweisen:
  • im FBl. 221 bei der Zuschlagskalkulation als Zuschlagsatz in % im Abschnitt 2 unter Tz. 2.3.3 mit Bezug zur Basis der EKT sowie differenziert nach den einzelnen Kostenarten der EKT wie Lohn, Stoffkosten, Gerätekosten, Sonstige Kosten und Nachunternehmerleistungen,
  • im FBl. 222 bei der Endsummenkalkulation zunächst als absoluter Betrag in € im Abschnitt 3 unter Tz. 3.3.3 und nachfolgender Berücksichtigung in den Umlagen zur Kalkulation der Einheitspreise (EP) für die Leistungspositionen.
Spezielle Beachtung kommt dem leistungsbezogenen Wagnis bei Vergütungsansprüchen einzelner Nachtragsarten zu. Bei Mindermengen und einem Wegfall von Leistungen (Null-Positionen) kann das leistungsbezogene Wagnis bei einer Vergütungsanpassung nicht Kosten mindernd angesetzt werden, weil die Risiken jeweils mit der Ausführung bestimmter vertraglich vereinbarter Bauleistungen verbunden sind. Folglich ist der als leistungsbezogenes Wagnis kalkulierte Zuschlag bei Mindermengen, Null-Positionen und dem Leistungsanteil bei freier Auftraggeberkündigung des Bauvertrags als ersparte Aufwendung in Abzug zu bringen, da die Leistung ja auch nicht erbracht wurde. Bekräftigt wird die Aussage in Tz. 4.8 im "Leitfaden für die Vergütung von Nachträgen" nach Richtlinie 510 im VHB-Bund (Ausgabe 2017).
Bei Leistungsänderungen und zusätzlichen Leistungen und im Nachhinein anerkannten Leistungen sind jedoch die Ansätze aus den EFB-Formblättern der Angebotskalkulation zu übernehmen.
Bauprofessor-Redaktion
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