Baukalkulation / Angebot / Nachträge

Wagnis in der Baukalkulation

Ein Wagnis bedeutet Verlustgefahren, die sich allgemein für ein Bauunternehmen in Verbindung mit einem Bauauftrag und seiner Ausführung ergeben können. Bei der Angebotskalkulation sieht das Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017) zu den ergänzenden Formblättern Preise (EFB-Preis) 221 (im Abschnitt 2 in Tz. 2.3) oder 222 (im Abschnitt 3 in Tz. 3.3) ab 2018 eine Unterteilung von Wagnis nach:
  • betriebsbezogenem Wagnis als allgemeines Unternehmenswagnis im Sinne des Gesamtrisikos, das kalkulatorisch mit dem Baupreis abzugelten ist und
  • leistungsbezogenem Wagnis als mit der Ausführung von Bauleistungen verbundenen Einzelwagnissen, die meistens nur bauauftragsbezogen auftreten und speziell festzustellen sind sowie in der Kalkulation zu berücksichtigen wären.
Zuvor wurde das Wagnis ohne Unterteilung in den EFB-Blättern abgefordert und als zusammengefasste Position von Gewinn und Wagnis als Wagnis und Gewinn (W&G) ausgewiesen. Weiterhin bleibt zu beachten, dass der Gewinn ebenfalls gesondert in den EFB-Preisblättern auszuweisen ist.
Bereits bei der Kalkulation der EKT bezüglich der einzelnen Kostenelemente wie Stoff-, Lohn- und Gerätekosten sowie bei der Endsummenkalkulation auch zu den einzelnen Positionen von Baustellengemeinkosten (BGK) ist zu prüfen, ob und inwieweit Wagnisse während der Bauausführung vorausschauend zu bewerten und in der Kalkulation zu berücksichtigen sind. Verwiesen sei hierzu auf Kalkulationsrisiken verschiedenster Art und von Einzelfällen, die sich bereits aus der Ausschreibung des Bauherrn und speziell der Leistungsbeschreibung sowie bei der Angebotsbearbeitung als mögliche leistungsbezogene Wagnisse ableiten können. Ein Wagnis kann beispielsweise auch in Verbindung mit einer fehlerhafte Ausschreibung und nicht ausreichender Prüfung der im Leistungsverzeichnis ausgewiesenen Soll-Mengen bei einer Detailpauschalisierung verbunden sein.
Demgegenüber leitet sich das betriebs- bzw. unternehmensbezogene Wagnis in der Regel nicht primär bauauftragsbezogen ab und ist im Voraus nicht sicher einzuschätzen. Dafür sind zusätzliche Kosten anzusetzen, die zwar im Einzelnen noch unbekannt sind, deren Auftreten aber aufgrund langjähriger Erfahrungen mit Sicherheit zu erwarten ist, beispielsweise:
  • Kalkulationsfehler und Kalkulationsirrtümer,
  • Bauzeitverzögerungen durch äußere Einflüsse, z. B. infolge unternehmerischem Verschulden, Wettereinflüssen im Winter u. a. und
  • Ausfall von bereits beauftragten preisgünstigen Nachunternehmern, und Neuvergabe zu höheren Aufwendungen aus Mängelansprüchen u. a.
Zur praktischen Baukalkulation sind für die zu kalkulierenden Wagnisse vorbestimmte Zuschläge bzw. Umlagen betriebsindividuell und/oder bauauftragsbezogen in Abhängigkeit vom anzuwendenden Kalkulationsverfahren z. T. mit Bezug auf unterschiedliche Basen zu bestimmen bei der Zum Vergleich vorbestimmter Zuschläge zwischen unterschiedlichen Verrechnungsbasen ist ggf. eine Umrechnung vorzunehmen. Hierzu wird ein Beispiel unter Wagnis angeführt.
Das Wagnis insgesamt wird je Bauauftrag variieren bzw. unterschiedlich hoch vorbestimmt werden. Es kann sich bewegen in einer Spanne: Innerhalb des Wagnisses können die Anteile nach betriebsbezogenem und leistungsbezogenem Wagnis betriebsindividuell und auftragsbezogen sehr stark streuen.
Werden durch den Bauunternehmer als Bieter keine Ansätze für Wagnisse oder ein Prozentsatz von Null angegeben, ist durch die Vergabestelle mit Bezug auf die Richtlinie zum Formblatt 321 im VHB-Bund - Ausgabe 2017 abzuleiten, dass keine weitere Aufklärung erforderlich bzw. zu verlangen wäre. Die Wirtschaftlichkeit eines solchen Angebots erfordert mit Bezug auf Tz. 3.3.1 in der Richtlinie zum FBl. 321 'keinen Ansatz für Wagnis und Gewinn". Stellen sich Wagnisse in der Bauausführung des Auftrags nicht ein, dann erhöht sich im Ist um diesen Anteil der Gewinn.
Handelt es sich um die Kalkulation von Nachträgen, so sind die Wagnisanteile beispielsweise bei verschiedenen Nachtragsarten mit Bezug auf Tz. 4.8 im "Leitfaden für die Vergütung von Nachträgen" nach Richtlinie 510 im VHB-Bund (Ausgabe 2017) unterschiedlich heranzuziehen. Bei den Nachtragsarten "Mengenminderung " sowie "Wegfall von Leistungen " ist das betriebsbezogene Wagnis zusammen mit dem Gewinn nach kalkulierter Höhe zu berücksichtigen. Es steht dem Bauunternehmer zu, wenn damit das allgemeine Unternehmensrisiko abgedeckt wird. Das leitet sich aus einem Urteil des BGH vom 24. März 2016 (Az.: VII ZR 201/15) her, wonach das betriebsbezogene Wagnis nicht als ersparte Aufwendung in Abzug zu bringen ist. Analog ist die Aussage zu behandeln bei einer freien Auftraggeberkündigung des Bauvertrags und dem damit verbundenen Leistungsausfall.
Für die nicht ausgeführten Leistungen entfällt jedoch das leistungsbezogene Wagnis bzw. ist entsprechend zu kürzen, wenn es im Angebot angesetzt wurde. Kalkulierte Zuschläge für Einzelwagnisse als besondere Risiken sind bei Vergütung zu Mengenminderungen und weggefallenen Leistungen (Null-Positionen) Kosten mindernd zu berücksichtigen bzw. als ersparte Aufwendungen zu betrachten.
Bei geänderten und zusätzlichen Leistungen und im Nachhinein anerkannten Leistungen sind die Ansätze aus der Angebotskalkulation zu übernehmen.
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