Baurecht / BGB

Ersparte Aufwendungen

Der Bauunternehmer als Bauausführender hat Anspruch auf eine Vergütung vom Auftraggeber für die von ihm vertraglich ausgeführten Bauleistungen. Er muss aber ggf. ersparte Aufwendungen gegenrechnen, sofern es Regelungen bestimmen.

Gründe für zu ersparende Aufwendungen

Aufwendungen sind bei der Vergütung für das Bauunternehmen zu ersparen, wenn der Auftraggeber vor Vollendung der Baumaßnahme bzw. der auszuführenden Leistung oder von „abgrenzbaren“ Teilen der vereinbarten Leistung:
  • einen VOB-Vertrag nach § 8 Abs. 1 VOB Teil B oder einen BGB-Bauvertrag oder Verbraucherbauvertrag neu nach § 648 BGB kündigt,
  • vereinbarte Leistungen selbst übernimmt oder von Dritten ausführen lässt, folglich die betreffenden Leistungstitel und Positionen im Leistungsverzeichnis (LV) im Ist wegfallen bzw. sich als Null-Positionen darstellen,
  • Verzögerungen bzw. Bauzeitverlängerungen durch das Unterlassen von Handlungen verursacht hat und daraus der Bauausführende mit Bezug auf § 642 BGB eine angemessene Entschädigung verlangen kann.

Anrechnung ersparter Aufwendungen

Der Bauausführende muss sich aber bei seinem Anspruch auf Vergütung anrechnen lassen, was er sich:
  • an Kosten für die angeführten Fälle erspart hat,
  • durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwerben kann oder zu erwerben böswillig unterlässt (nach § 649 BGB).

Beispiele möglicher ersparter Aufwendungen

Ersparte Aufwendungen können sich beim Bauunternehmen darstellen als:
Für die ersparten Aufwendungen sind nach dem Urteil des BGH vom 16. November 2016 (Az.: VII ZR 314/13) die „tatsächlichen“ Kosten, nicht die „kalkulierten“ Kosten maßgebend.

Nicht unmittelbare ersparte Aufwendungen

Die angeführten möglichen Einsparungen müssen aber dann nicht eintreten, wenn beispielsweise:
  • ein anderweitiger Einsatz im Betrieb und auf anderen Baustellen nicht möglich ist,
  • ein anderer Einsatz aber nicht zu einem neuen Umsatz führt bzw. die wegfallende Bauleistung auf einer anderen Baustelle nicht automatisch mehr Bauleistung bedeutet bzw. nicht die wegfallende Bauleistung ausgleicht,
  • für den vorgesehenen Einsatz bereits Baustoffe beschafft wurden und ein anderweitiger Einsatz nicht möglich oder ein Verkauf mit verlorenem Aufwand verbunden ist,
  • bereits für den vorgesehenen Geräteeinsatz Mieten im Voraus gezahlt wurden u. a.
Inwieweit das Bauunternehmen für den Ausfall ggf. neue Bauaufträge hätte akquirieren können, bliebe zu prüfen und kann nicht von vornherein angenommen werden.

Betrachtung zum kalkulierten Wagnis

Wenn die gekündigte Bauleistung oder Teile davon nicht ausgeführt wurden, müsste dem Grunde nach auch der Anteil von Wagnis innerhalb von Wagnis und Gewinn (W&G) entfallen bzw. als "erspart" angesehen werden. Hierzu hat jedoch zu einem Fall der BGH mit Urteil vom 24. März 2016 (Az.: VII ZR 2011/15, in IBR 2016, 1046) die Entscheidung getroffen, dass bei einer freien Auftraggeberkündigung des Bauvertrags der vom Auftragnehmer im Rahmen eines Einheitspreisvertrages auf der Grundlage des EFB-Formblatts 221 kalkulierte Zuschlag für Wagnis "nicht als ersparte Aufwendung" von der Vergütung nach § 649 BGB bzw. § 8 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B in Abzug zu bringen ist, da damit das "allgemeine unternehmerische Risiko abgesichert werden soll".

Nachweis der ersparten Aufwendungen

Der Vergütungsanspruch ist zu belegen und ggf. detailliert hinsichtlich der eingesparten Kosten bzw. anderweitigen Verwendungen nachzuweisen. Der Auftragnehmer kann und sollte zum Nachweis der ersparten Kosten die detaillierten Aussagen zu den Kalkulationsansätzen der Angebotskalkulation heranziehen, beispielsweise Aussagen aus:
  • einer hinterlegten Urkalkulation oder
  • den zum Angebot vorgelegten ergänzenden Preisblättern (EFB-Preis) 221 bis 223 nach Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019).

Darlegungs- und Beweislast

Bei einer Kündigung obliegt dem Auftragnehmer primär der Nachweis zur Vergütung und dabei ersparten Aufwendungen. Er trägt praktisch die „Erstdarlegungslast“. Würde der Auftraggeber die Nachweisführung zu ggf. ersparten Kosten des Bauausführenden nicht akzeptieren, so ist der Auftraggeber für die Behauptung, dass eine höhere Ersparnis maßgebend wäre, darlegungs- und beweispflichtig, so auch im Urteil des BGH vom 21. Dezember 2000 (Az.: VII ZR 467/99) bekräftigt. Zur Klärung können die Dokumente der Preisermittlung herangezogen werden.
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