Je nachdem, welche Bauvertragsart der Bauausführung zugrunde gelegt wird, kommen in der Baupraxis verschiedene Abnahmeformen bzw. -arten zur Anwendung.
Vorschriften zu Abnahmeformen
Die einzelnen Abnahmeformen leiten sich nach folgenden Regelungen ab: Aussagen in Vergabehandbüchern
Für Hochbaumaßnahmen trifft die Richtlinie 442 – Abnahme – im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) spezielle Regelungen und liefert zugleich ein Formblatt 442 zur Verwendung als Abnahmeprotokoll. Eine förmliche Abnahme ist bei öffentlichen Bauaufträgen ebenfalls für die Abnahme von Mängelbeseitigungsleistungen vorzusehen, wenn die Bedeutung dies verlangt. Dafür liegt im VHB-Bund das Formblatt 443 vor, das zur Anwendung empfohlen wird. Zu Baumaßnahmen im Straßen- und Brückenbau sei auf Regelungen im speziellen Handbuch HVA B-StB (Ausgabe August 2019) im Teil 3 unter Tz. 3.10 verwiesen. Über die Abnahme ist eine Abnahmeniederschrift anzufertigen, wofür die Vordrucke Abnahmeniederschrift heranzuziehen sind. In die Niederschrift sind etwaige Vorbehalte wegen bekannter Mängel und wegen Vertragsstrafen aufzunehmen, ebenso etwaige Einwendungen des Auftragnehmers. Jeder Vertragspartner erhält eine Ausfertigung der Niederschrift.
Durchführung der Abnahme
Die Abnahme setzt voraus, dass das Werk bzw. die Bauleistungen im Wesentlichen vertragsgemäß fertiggestellt und frei von Mängeln sind, d. h. "abnahmereif" sind. Dem bauausführenden Unternehmen als Auftragnehmer obliegt es, dies mit einer Fertigstellungsmeldung dem Auftraggeber bzw. Besteller oder Verbraucher schriftlich anzuzeigen. Danach hat der Auftraggeber die Pflicht zur Abnahme. Die Abnahme bei einem Bauvertrag nach VOB ist auf Verlangen des Auftragnehmers durch den Auftraggeber innerhalb von 12 Werktagen durchzuführen, bei BGB-Verträgen ohne gesetzliche Vorgabe nach einer vom Auftragnehmer vorzugebenden angemessenen Frist.
Der Auftraggeber kann die Abnahme verweigern, wenn wesentliche Mängel vorliegen. Die Beseitigung dieser Mängel kann er zur Voraussetzung für die Abnahme machen. Wenn jedoch nur unwesentliche Mängel vorliegen oder unwesentliche Leistungen, die nicht die Nutzbarkeit beeinträchtigen, fehlen, steht das dem Abnahmeverlangen nicht entgegen. Führt der Auftraggeber bei einem VOB-Vertrag die Abnahme nicht innerhalb von 12 Tagen durch oder verweigert er sie, so gerät er in Abnahmeverzug. Übersicht zu den Abnahmeformen

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Aussagen zu einzelnen Formen
Erklärt der Auftraggeber beim VOB-Vertrag mündlich oder schriftlich die Leistung als abgenommen, liegt eine ausdrücklich erklärte Abnahme als förmliche Abnahme (§ 12 Abs. 4 VOB/B) vor. Mit dem Verlangen von beiden Parteien soll erreicht werden, dass bereits bei der Abnahme weitgehende Übereinstimmung herrscht und etwaige Differenzstandpunkte eindeutig formuliert werden. Die förmliche Abnahme kann bei VOB-Verträgen auch in Abwesenheit des Auftragnehmers erfolgen, wenn dieser trotz Ladung der Abnahme fernbleibt. Eine solche Regelung sollte jedoch die Ausnahme sein, da sie dem eigentlichen Sinn der förmlichen Abnahme widerspricht. Der Auftraggeber ist verpflichtet, den Auftragnehmer über das Ergebnis seiner alleinigen Abnahme zu unterrichten. Wurden zur Abnahmeverhandlung auch Sachverständige hinzugezogen, so soll ihre Stellungnahme mit Gegenstand der Niederschrift werden.
Die stillschweigende Abnahme – auch als konkludente Abnahme bezeichnet – setzt ein Verhalten des Auftraggebers voraus, aus dem der Auftragnehmer die Billigung der Leistung im Wesentlichen als vertragsgerecht erkennen kann. Erscheint beim VOB-Vertrag der Auftraggeber z. B. innerhalb von 12 Werktagen nicht zum vereinbarten Abnahmetermin, dann kann durch dieses schlüssige Verhalten des Auftraggebers die Leistung als abgenommen angesehen werden. Eine Sonderregelung ist die fiktive Abnahme – ausführlich erläutert unter diesem Begriff – bei einem: - VOB-Vertrag nach den Regelungen in § 12 Abs. 5 VOB/B und
- Werk- und Bauvertrag nach BGB ab 2018 nach § 640 Abs. 2 BGB.
Sie ist nicht identisch mit der stillschweigenden Abnahme. Der Unterschied besteht darin, dass die fiktive Abnahme sozusagen unabhängig vom wirklichen Willen des Auftraggebers erfolgen kann.
Abgrenzung zu Teilabnahmen
Bleibt als weitere Besonderheit noch die Teilabnahme zu erwähnen. Dabei handelt es sich nach § 12 Abs. 2 VOB/B um eine echte Abnahme in sich abgeschlossener Teile der Bauleistung mit allen rechtlichen Folgen. Die Abnahme ist wiederum durch den Auftragnehmer zu verlangen, möglichst in schriftlicher Form bzw. bereits im Bauvertrag zu vereinbaren. Der unten angeführte Musterbrief liefert eine Empfehlung. Eine Regelung zur Teilabnahme wie nach VOB wird im BGB für Bauverträge nach BGB und Verbraucherbauverträge nicht getroffen. Eine Abnahme wird erst nach Fertigstellung des Bauwerks insgesamt vorgesehen.
Ab 2018 ist demgegenüber aber eine Teilabnahme bei Architektenverträgen neu nach § 650s BGB möglich, und zwar ab der Abnahme der letzten Leistung des bauausführenden Unternehmers für die von Architekten und Ingenieuren bis dahin erbrachten Leistungen. Abgrenzung zu Zustandsfeststellungen
Nicht aufgeführt in der Übersicht sind Zustandsfeststellungen:
einerseits nach § 4 Abs. 10 VOB/B als Zustandsfeststellung zur Bauleistung, die in der Baupraxis oft auch als "technische Abnahme" bezeichnet wird. Danach ist der Zustand von Teilen der Leistung auf Verlangen gemeinsam vom Auftraggeber und Auftragnehmer darzustellen, wenn sie durch die weitere Ausführung der Prüfung und Feststellung entzogen werden. Hierbei handelt es sich nicht um eine rechtsgeschäftliche Abnahme.