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Vergütungsanspruch bei Wegfall von Leistungen

Beim Wegfall von Leistungen entfällt praktisch ersatzlos eine im Leistungsverzeichnis (LV), ein Leistungstitel, eine Teilleistung oder ein abgrenzbarer Teil des geschuldeten Werkerfolgs. Gesprochen wird dann auch meistens von einer "Null-Position ". Ein Wegfall von Bauleistungen kann bei allen Bauvertragsarten eintreten. Dem Wegfall von Leistungen geht praktisch eine freie Kündigung voraus bei einem:
Dann hat das Bauunternehmen als Auftragnehmer die entsprechenden Leistungen nach dem Willen des Auftraggebers nicht mehr auszuführen. Evtl. später auftretenden Unstimmigkeiten kann von vornherein dadurch begegnet werden, dass der Auftraggeber schriftlich seinen Willen dem Auftragnehmer mitteilt bzw. den Wegfall der Leistungen anordnet.
Wegfallende Bauleistungen sind bei einem VOB-Vertrag meistens ausbedungene Leistungen des Auftragnehmers mit Bezug auf § 2 Abs. 4 in VOB/B, beispielsweise:
  • der Auftraggeber will ausgeschriebene und bereits vergebene Leistungen selbst als Eigenleistung bzw. Selbstvornahme erbringen,
  • beauftragte Leistungen werden durch den Auftraggeber anderweitig vergeben,
  • der Auftraggeber liefert Bau-, Bauhilfs- und Betriebsstoffe für den Einbau selbst.
Bei einem Wegfall von Leistungen hat der Auftragnehmer Anspruch auf die vereinbarte Vergütung bzw. kann sie sowohl beim VOB-Vertrag als auch einem BGB-Bauvertrag verlangen. Als Voraussetzungen für den Vergütungsanspruch des Auftragnehmers sind anzusehen:
  • der Auftraggeber kündigt oder übernimmt selbst Teile der vertraglichen Leistung oder
  • der Auftraggeber beauftragt Dritte unter eigener Regie.
Bei einem VOB-Vertrag steht dem Auftragnehmer nach § 8 Abs. 1, Nr. 2 VOB/B analog zu einer freien Kündigung die vereinbarte Vergütung zu. Dann gelten die Vergütungsrechtsfolgen wie bei einer Kündigung, wenn „nichts anderes vereinbart wurde“. Letztere Absprachen sind in einem Individualvertrag möglich, z. B. als Verzicht des Auftragnehmers auf Teile seines Vergütungsanspruchs. Dagegen ist jedoch eine Vertragsklausel unwirksam, wenn sie dem Auftraggeber von vornherein das Recht zuschreibt, auf einzelne Leistungspositionen aus dem Leistungsverzeichnis verzichten zu können, und zwar ohne Vergütungsanspruch des Auftragnehmers.
Für den Anspruch auf Vergütung ist weder eine Frist noch eine besondere Form bestimmt. Dem Auftragnehmer wird jedoch empfohlen, dem Auftraggeber baldmöglichst nach Wegfall der Leistungen schriftlich seine Ansprüche mit Aufstellung der eingesparten Kosten mitzuteilen, ggf. ein Nachtragsangebot vorzulegen und nach beidseitiger Verständigung die geforderte Vergütung mit einer Abschlagsrechnung zu belegen, sofern weitere, andere Leistungen fortgeführt werden.
Für die Berechnung des Vergütungsanspruchs sind folgende Aspekte sowohl beim VOB-Vertrag als BGB-Bauvertrag zu berücksichtigen:
  • Ermittlung des vollen Vergütungsanspruchs gemäß Vertrag und anschließend
  • Abzug der ersparten Aufwendungen oder
  • durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft und seines Betriebs erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt (BGB § 649) oder
  • Ermittlung des „verlorenen Aufwands“ für die gekündigte Leistung,
  • bei Offenlegung der Kalkulation durch den Auftragnehmer
Als nicht ersparte Aufwendungen aus der Angebotskalkulation gelten allgemein:
Die Einbeziehung des betriebsbezogenen Wagnisses in die Vergütungsanpassung leitet sich aus einem Urteil des BGH vom 24. März 2016 (Az.: VII ZR 201/15) ab, wonach ein kalkulierter Zuschlag für das allgemeine unternehmerische Risiko nicht als ersparte Aufwendung zu betrachten und in Abzug zu bringen ist.
Ggf. können auch Teile innerhalb der Einzelkosten der Teilleistungen (EKT) als nicht eingespart angesehen werden, wie beispielsweise für bereits erfolgte Mietzahlungen für vorgesehene Leistungsgeräte, Anschaffungen von Baustoffen, die anderweitig im Betrieb nicht verwendet werden können u. a.
Unten angeführt ist eine beispielhafte Berechnung zum Vergütungsanspruch bei Wegfall einer Leistungsposition bei einem Einzelpreisvertrag nach VOB. Sie folgt inhaltlich den Aussagen, die auch im "Leitfaden zur Vergütung bei Nachträgen" in der Richtlinie 510 im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017) unter Tz. 2.2.1 und als Beispiel unter Tz. 7.3.2 zugrunde gelegt werden. Heranzuziehen sind die Kalkulationsansätze des Angebots. Sie können aus einer vorgelegten Urkalkulation übernommen und/oder aus den ergänzenden Formblättern Preise (EFB-Preis) 221 bis 223 nach VHB-Bund (2017) abgeleitet werden.
Hinsichtlich der Berechnung und möglichen Ansetzungen wird auch auf das Urteil des BGH vom 24.06.1999 (Az.: VII ZR 342/98) verwiesen. Ausgeführt wurde, dass dem Auftraggeber eine Prüfung der vorgelegten Berechnung möglich sein muss, ob der Auftragnehmer die ersparten Aufwendungen auf der Grundlage der dem Vertrag zugrunde liegenden Kalkulation zutreffend berücksichtigt hat. Hat der Auftragnehmer mit den Arbeiten noch nicht begonnen und dabei so kalkuliert, dass er die Herstellkosten mit einem fixen Zuschlag versehen hat, der die sonstigen Kosten (Gemeinkosten) und den Gewinn enthält, kann er grundsätzlich auch so abrechnen. Eine Darlegung der Kalkulation nach Einzelposten ist nicht unbedingt notwendig, weil sich Unter- oder Fehlkalkulationen vor Baubeginn noch nicht auswirken können.
Treten bei einem VOB-Vertrag neben dem Wegfall von Positionen im Leistungsverzeichnis noch weitere Nachtragsarten auf, wie z. B. eine Mehrmenge oder auch zusätzliche Leistungen, dann bedarf es zur Bestimmung der Gesamtvergütung einer Ausgleichsberechnung bei Nachträgen nach VOB. Verbunden sind wegfallende Leistungspositionen in der Regel mit einer Unterdeckung von BGB und AGK als Gemeinkosten, sowie Gewinn und betriebsbezogenem Wagnis. Demgegenüber ist bei Mehrmengen meistens mit einer Überdeckung von Gemeinkosten aus BGK und AGK zu rechnen, deren Wirkungen auszugleichen, d. h. gegenzurechnen, sind. Dies wird in einem Beispiel unter überschlägige Ausgleichsberechnung von Nachträgen nach gleicher Art demonstriert wie unter Tz. 7.6.1 in Richtlinie 510 im VHB-Bund (2017) vorgesehen.
Hier finden Sie mehr Informationen zu Nachträgen mit „nextbau". Mit der Kalkulationssoftware von der Firma f:data Weimar / Dresden kann die überschlägige Ausgleichsberechnung unmittelbar und einfach durchgeführt werden. Eine praktikable Anwendung zur Berechnung des Vergütungsanspruchs bei wegfallenden Leistungen ist auch mit dem Produkt des Online-Baupreislexikons (www.baupreislexikon.de) mit integrierter Nachtragskalkulation möglich.

Beispiel: Vergütungsanspruch bei Wegfall von Leistungen nach VOB mit Bezug auf die Tz. 2.2.1 und 7.3.1 in der Richtlinie 510 - Leitfaden zur Vergütung bei Nachträgen – im VHB-Bund (Ausgabe 2017)

Zugrunde liegt dem Beispiel folgende Position (Ordnungszahl) aus einem Leistungsverzeichnis:
Ordnungszahl
(Pos.-Nr.)
BezeichnungEinheitspreis
EUR
Gesamtbetrag
EUR
Mauerarbeiten:
01.0010600,00 m²
Mauerwerk Außenwand
Mz DIN V 105-100, 5 DF (240/300/113)
SFK 20, RDK 1,8 , D= 30 cm,
MG II DIN V 18580
118,0070.800,00
Die Angebots- und Vertragskalkulation weist für die Beispiel-Position folgende Kalkulationsansätze aus:
Anteil Einzelkosten der Teilleistung (EKT) 90,00 €/m²
Anteil Baustellengemeinkosten (BGK)4,30 €/m²
Anteil Allgemeine Geschäftskosten (AGK)15,70 €/m²
Anteil Gewinn (G) 4,00 €/m²
Anteil Wagnis (W)
- betriebsbezogenes Wagnis
1,50 €/m²
- leistungsbezogenes Wagnis2,50 €/m²
Es entfällt die gesamte Beispielposition im Umfang von 600 m².
Bezogen auf den vereinbarten Einheitspreis kann folgende Berechnung zu den eingesparten Aufwendungen angestellt werden:
Kalkulierte Einzelkosten (EKT)90,00 €/m²
Baustellengemeinkosten (BGK) anteilig gemäß Nachweisführung 1/3+ 1,43 €/m²
leistungsbezogenes Wagnis, da Leistung nicht ausgeführt wird+ 2,50 €/m²
Insgesamt eingesparte Kosten= 93,93 €/m²
alter EP./.Einsparung=Vergütungsanspruch je m²
118,00 €/m²./.93,93 €/m²=24,07 €/m²

Vergütungsanspruch insgesamt bei Wegfall der Leistungsposition:
24,07 €/m²x600 m²=14.442 €.
Bauprofessor-Redaktion
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