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Vergütungsanspruch bei Wegfall von Leistungen

Während der Bauzeit können vereinbarte Leistungen aus verschiedenen Gründen ersatzlos wegfallen. Daraus ergibt sich ein zu berechnender Vergütungsanspruch.

Was bedeutet ein Wegfall von Leistungen?

Ein Teil der vereinbarten Bauleistung wird nicht mehr benötigt („Null-Position“), z. B. durch Kündigung oder Selbstvornahme des Auftraggebers.
Bei einem Wegfall von Leistungen entfällt ein Teil der vereinbarten Bauleistung als geschuldeter Werkerfolg. Betroffen sein kann ein im Leistungsverzeichnis (LV) ausgeschriebener Leistungstitel oder eine Teilleistung als Leistungsposition. Gesprochen wird dann von einer „Null-Position ".
Solch ein Wegfall von Leistungen kann in folgenden vertraglichen Konstellationen entstehen:
Das Bauunternehmen muss dann die betreffenden Leistungen auf Wunsch des Bauherrn nicht mehr ausführen.
Tipp aus der Praxis

„Um mögliche spätere Unstimmigkeiten zu vermeiden, sollte der Auftraggeber dem Auftragnehmer den Wegfall der Leistungen schriftlich mitteilen oder ausdrücklich anordnen.“

Gründe für den Leistungswegfall

Wegfallende Bauleistungen leiten sich meistens aus Entscheidungen des Auftraggebers oder einer Übernahme von ausbedungenen Leistungen des Auftragnehmers ab.
Gründe dafür können sein:
  • Auftraggeber will ausgeschriebene und bereits vergebene Leistungen als Eigenleistung bzw. Selbstvornahme selbst erbringen,
  • beauftragte Leistungen werden durch den Auftraggeber anderweitig vergeben oder
  • Auftraggeber liefert Baustoffe für den Einbau selbst oder stellt Bauhilfs- und Betriebsstoffe dem Auftragnehmer kostenlos zur Verfügung.
Wenn der Auftraggeber Leistungen kündigt, selbst ausführt oder Dritte beauftragt, darf der Auftragnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen – ohne Form- oder Fristerfordernis.
Wenn der Auftraggeber Leistungen kündigt, selbst ausführt oder Dritte beauftragt, darf der Auftragnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen – ohne Form- oder Fristerfordernis. Bild: © f:data GmbH

Voraussetzungen für einen Vergütungsanspruch

Bei einem Wegfall von Leistungen hat das bauausführende Unternehmen einen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung. Es kann sie sowohl beim VOB-Vertrag als auch beim Bauvertrag nach BGB verlangen.
Voraussetzungen dafür sind:
  • Auftraggeber kündigt / übernimmt selbst Teile der vertraglichen Leistung oder
  • Auftraggeber beauftragt Dritte unter eigener Regie.
Bei einem VOB-Vertrag steht dem Auftragnehmer nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VOB Teil B analog zu einer freien Kündigung die vereinbarte Vergütung zu. Dann gelten die Vergütungsrechtsfolgen wie bei einer Kündigung, wenn „nichts anderes vereinbart wurde“. Letztere Absprachen sind in einem Individualvertrag möglich, z. B. als Verzicht des Auftragnehmers auf Teile seines Vergütungsanspruchs.
Wichtig: Eine Vertragsklausel, die dem Auftraggeber erlaubt, Leistungen einfach zu streichen ohne Vergütung für den Auftragnehmer, ist unwirksam. Für den Anspruch auf Vergütung wird weder eine Frist noch eine besondere Form verlangt.
Tipp aus der Praxis

"Dem Auftragnehmer wird jedoch empfohlen, dem Auftraggeber:
  • baldmöglichst nach Wegfall der Leistungen schriftlich seine Ansprüche mit Aufstellung der eingesparten Kosten mitzuteilen,
  • ggf. ein Nachtragsangebot vorzulegen und
  • nach beidseitiger Verständigung die geforderte Vergütung mit einer Abschlagsrechnung zu belegen, sofern weitere, andere Leistungen fortgeführt werden."

Berechnung des Vergütungsanspruchs

Für die Berechnung des Vergütungsanspruchs bliebe sowohl beim VOB-Vertrag als auch beim BGB-Bauvertrag zu berücksichtigen, ob und in welchem Umfang ersparte Aufwendungen abzuziehen und nicht ersparte Aufwendungen einzubeziehen sind.
  • Berechnung des Vergütungsanspruchs mit Abzug ersparter Aufwendungen
    Zunächst ist der volle Vergütungsanspruch gemäß Vertrag zu berechnen. Danach sind ersparte Aufwendungen vom Auftragnehmer festzustellen und abzuziehen.
    Als ersparte Aufwendungen kommen vorrangig die Einzelkosten der Teilleistungen (EKT) infrage, so z. B.:
    • eingesparte Lohnkosten infolge eingesparter Arbeitsstunden,
    • geringere Vorhaltekosten und Mieten sowie von Betriebsstoffen für Leistungsgeräte (z. B. Putzmaschine) auf der Baustelle oder
    • nicht zum Einbau gekommene Baustoffe und eingesparte Kosten für Bauhilfsstoffe wie Schal- und Rüstmaterial.
    Ersparte Aufwendungen können sich teilweise auch ableiten bei den Kosten für die Baustelleneinrichtung (BE), einschließlich der Kosten der Baustellenräumung.
    Zum Nachweis ersparter Aufwendungen ist die Offenlegung der Kalkulation zum Angebot des Auftragnehmers bzw. des Bauvertrags notwendig.
    Dabei sind für ersparte Aufwendungen nach einem Urteil des BGH vom 16. November 2016 (Az.: VII ZR 314 / 13) die „tatsächlichen“ Kosten, nicht die „kalkulierten“ Kosten maßgebend.
    Hinsichtlich der Berechnung und möglichen Ansetzungen wird auch auf das Urteil des BGH vom 24. Juni 1999 (Az.: VII ZR 342 / 98) verwiesen. Es wurde ausgeführt, dass dem Auftraggeber eine Prüfung der vorgelegten Berechnung möglich sein muss, ob der Auftragnehmer die ersparten Aufwendungen auf der Grundlage der dem Vertrag zugrunde liegenden Kalkulation zutreffend berücksichtigt hat.
    Hat der Auftragnehmer mit der Bauausführung noch nicht begonnen und dabei so kalkuliert, dass er die Herstellkosten mit einem fixen Zuschlag versehen hat, der die sonstigen Kosten (Gemeinkosten) und den Gewinn enthält, kann er grundsätzlich auch so abrechnen. Eine Darlegung der Kalkulation nach Einzelposten ist nicht unbedingt notwendig, weil sich Unter- oder Fehlkalkulationen vor Baubeginn noch nicht auswirken können.
    Zum Nachweis ersparter Aufwendungen sind Aussagen zu den Kalkulationsansätzen bei der Angebotskalkulation heranzuziehen. Sie können aus einer vorgelegten Urkalkulation übernommen und / oder aus den ergänzenden Formblättern Preise (EFB-Preis) 221 bis 223 nach VHB-Bund abgeleitet werden. Der Auftragnehmer trägt die „Erstdarlegungslast“.
    Tipp aus der Praxis

    „Bei der Berechnung des Vergütungsanspruchs bei wegfallenden Leistungen kann auch Software helfen, z. B. die Kalkulationssoftware nextbau oder das Online-Baupreislexikon www.baupreislexikon.de.“
  • Berechnung des Vergütungsanspruchs unter Einbeziehung nicht ersparter Aufwendungen
    Als nicht ersparte Aufwendungen aus der Angebotskalkulation gelten allgemein:
    Die Einbeziehung des betriebsbezogenen Wagnisses in die Vergütungsanpassung leitet sich aus einem Urteil des BGH vom 24. März 2016 (Az.: VII ZR 201 / 15) ab, wonach ein kalkulierter Zuschlag für das allgemeine unternehmerische Risiko nicht als ersparte Aufwendung zu betrachten und in Abzug zu bringen ist.
    Auch Teile innerhalb der Einzelkosten (EKT) können ggf. als nicht eingespart angesehen werden. Betroffen wären bereits erfolgte Einkäufe von Baustoffen, die im Betrieb nicht mehr verwendbar sind. Es kann sich z. B. auch um bereits getätigte Mietzahlungen für vorgesehene Leistungsgeräte handeln.

Abgrenzung zu anderen Vergütungsansprüchen

Treten bei einem VOB-Vertrag neben dem Wegfall von Leistungen im Leistungsverzeichnis noch weitere Nachtragsarten auf, dann bedarf es zur Bestimmung der Gesamtvergütung einer Ausgleichsberechnung bei Nachträgen nach VOB. Das ist erforderlich, wenn z. B. auch Mehrmengen bei anderen Teilleistungen oder auch zusätzliche Leistungen während der Bauausführung zum Bauvertrag eintreten.
Gegenüber von wegfallenden Leistungen sind Mehrmengen zu Teilleistungen meistens mit einer Überdeckung von Gemeinkosten verbunden, deren Wirkungen auszugleichen, d. h. gegenzurechnen sind. Dies wird in einem Beispiel unter „überschlägige Ausgleichsberechnung von Nachträgen“ demonstriert.

Beispielrechnung zum Vergütungsanspruch

Im Folgenden wird anhand eines Beispiels gezeigt, wie der Vergütungsanspruch bei Wegfall einer Teilleistung in einem Einzelpreisvertrag nach VOB berechnet wird.
Die Berechnung orientiert sich inhaltlich an den Vorgaben des „Leitfadens zur Vergütung bei Nachträgen“ in der Richtlinie 510 des Vergabe- und Vertragshandbuchs (VHB-Bund, Ausgabe 2017) – insbesondere an den Punkten 2.2.1 und dem Beispiel unter 7.3.2:
Beispielrechnung zum Vergütungsanspruch für eine Teilleistung aus einem Leistungsverzeichnis.
Bild: © f:data GmbH
Die Kalkulation zum Angebot und dem Bauvertrag weist für die angeführte Teilleistung folgende Ansätze aus:
Anteil Einzelkosten der Teilleistung (EKT)90,00 € / m²
Anteil Baustellengemeinkosten (BGK)4,30 € / m²
Anteil Allgemeine Geschäftskosten (AGK)15,70 € / m²
Anteil Gewinn (G)4,00 € / m²
Anteil Wagnis (W)
– Betriebsbezogenes Wagnis
1,50 € / m²
– Leistungsbezogenes Wagnis2,50 € / m²
Es entfällt die gesamte Beispielposition im Umfang von 600 m².
Bezogen auf den vereinbarten Einheitspreis kann folgende Berechnung zu den eingesparten Aufwendungen angestellt werden:
Kalkulierte Einzelkosten (EKT)90,00 € / m²
Baustellengemeinkosten (BGK) anteilig gemäß Nachweisführung 1 / 3+ 1,43 € / m²
Leistungsbezogenes Wagnis (da Leistung nicht ausgeführt wird)+ 2,50 € / m²
Insgesamt eingesparte Kosten= 93,93 € / m²
Alter EP./.Einsparung=Vergütungsanspruch je m²
118,00 € / m²./.93,93 € / m²=24,07 € / m²
Vergütungsanspruch insgesamt bei Wegfall der Leistungsposition:
24,07 € / m²x600 m²=14.442,00 €
Herzlichen Dank an Prof. Dr. habil. Siegmar Kloß für die fachliche Unterstützung bei diesem Artikel auf bauprofessor.de.
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