Baurecht / BGB

Vergütungsanspruch bei Teilkündigung

Der Auftraggeber (AG) kann vertraglich vereinbarte Bauleistungen nicht nur insgesamt, sondern auch zu "abgrenzbaren" Teilen oder Teilleistungen kündigen.

Rechtliche Grundlagen

Vergütungsanspruch bei Teilkündigung
Bild: © f:data GmbH
Bei Teilkündigung zum Bauvertrag durch den Auftraggeber hat das Bauunternehmen als Auftragnehmer einen Vergütungsanspruch und kann vereinbarte Vergütung verlangen bei:

Anrechnung ersparter Anwendungen

Wird der Vergütungsanspruch geltend gemacht, muss das Bauunternehmen aber die ersparten Aufwendungen gegenrechnen und jene Aufwendungen absetzen, die dem Bauunternehmen durch anderweitige Verwendung erstattet oder die vom Bauunternehmen durch anderweitige Verwendung erworben oder vom Bauunternehmen böswillig unterlassen werden.
Für die ersparten Aufwendungen sind nach Urteil des BGH vom 16. November 2016 (Az.: VII ZR 314/13) die "tatsächlichen" Kosten, nicht die "kalkulierten" Kosten maßgebend. Der Vergütungsanspruch ist zu belegen und ggf. detailliert hinsichtlich der eingesparten Kosten bzw. anderweitigen Verwendungen nachzuweisen.

Vergütung bei einem VOB-Vertrag

Bei einem VOB-Vertrag bewegt sich der Vergütungsanspruch aber außerhalb der Regelungen des § 2 in VOB/B wie sie bei Nachtragsforderungen anzuwenden sind. Folglich handelt es sich bei der Teilkündigung nach dem Sachverhalt nicht um einen zu stellenden Nachtrag durch den Auftragnehmer. Bekräftigt wird dies zu öffentlichen Bauaufträgen in den Vergabehandbüchern, so:
  • zu Hochbaumaßnahmen im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) in Tz. 2.2.1 in der Richtlinie 510 – Leitfaden zur Vergütung von Nachträgen – und
  • zu Baumaßnahmen im Straßen- und Brückenbau nach HVA B-StB (Ausgabe August 2019) im Teil 3 unter Tz. 3.12 – Kündigung durch den Auftraggeber – (Nr. 3).
Weiter sei auch auf Erläuterungen unter Vergütungsanspruch bei Kündigung des Bauvertrags verwiesen.

Feststellung des Leistungsstandes zum Kündigungszeitpunkt

Bei einer Teilkündigung sind die Baumaßnahme bzw. das Werk in der Regel noch nicht fertiggestellt. Folglich bedarf es für die Berechnung des Vergütungsanspruchs zunächst der Feststellung des Leistungsstandes der bis zur erfolgten Kündigung erbrachten Bauleistungen. Erfolgte die Teilkündigung aus wichtigem Grund, dann kann jeder Vertragspartner seit 2018 nach § 648a Abs. 2 BGB vom anderen verlangen, an einer "gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes" mitzuwirken. Dies wird auch von Vorteil sein, um einem späteren Streit vorzubeugen.
Der Leistungsstand kann nachgewiesen werden bei:
  • einem Einheitspreisvertrag zu den Leistungsmengen der ausgeführten Bauleistungen bis zur erfolgten Kündigung mittels Aufmaß (möglichst eines gemeinsamen Aufmaßes) und
  • einem Pauschalvertrag durch Bewertung und ggf. Schätzung des Fertigstellungsgrades zur Baumaßnahme.
Verweigert ein Vertragspartner bei einem BGB-Vertrag nach § 648a Abs. 4 BGB die Mitwirkung bei der Leistungsfeststellung oder bleibt er einem vereinbarten oder vom anderen Partner innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin fern, dann trifft ihn die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung. Ausnahmsweise gilt das dann nicht, wenn eine Vertragspartei infolge eines Umstands fernbleibt, den sie nicht zu vertreten oder dem anderen Partner unverzüglich mitgeteilt hat.
Die Teilkündigung selbst, wie auch die Feststellung des Leistungsstands, sind nicht mit einer Abnahme der Leistungen gleichzusetzen. Wäre die Leistung jedoch bereits abnahmereif, sollte der Bauunternehmer die Abnahme vom Besteller verlangen, mindestens aber bei Verweigerung durch den Besteller eine Zustandsfeststellung bei BGB-Bauverträgen herbeiführen.

Möglicher Schadenersatzanspruch

Mit einer Teilkündigung ist nicht auszuschließen, im Berechtigungsfall Schadenersatz für die nicht erbrachte Bauleistung zu verlangen. Ist beispielsweise der Kündigungsgrund bei einem BGB-Vertrag dem Besteller oder Verbraucher zuzuordnen, kann der Bauunternehmer ggf. einen Schadenersatz nach § 280 ff. BGB wegen Pflichtverletzung des Bestellers geltend machen. Sofern der Bauunternehmer selbst den Grund für die Kündigung lieferte, kann er keinen Schadenersatz fordern. Ggf. ist er dann sogar ersatzpflichtig für die nicht fertiggestellte vertragliche Bauleistung.
Bauprofessor-Redaktion
Dieser Beitrag wurde von unserer Bauprofessor-Redaktion erstellt. Für die Inhalte auf bauprofessor.de arbeitet unsere Redaktion jeden Tag mit Leidenschaft.
Über Bauprofessor »
Copyright bauprofessor.de Lexikon
Herausgeber: f:data GmbH Weimar und Dresden
Die Inhalte dieser Begriffserläuterung und der zugehörigen Beispiele sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung der f:data GmbH unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigung, Übersetzung, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Alle in diesem Werk enthaltenen Angaben, Ergebnisse usw. wurden von den Autoren nach bestem Wissen erstellt. Sie erfolgen ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie der f:data GmbH. Sie übernimmt deshalb keinerlei Verantwortung und Haftung für etwa vorhandene Unrichtigkeiten.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen.

Verwandte Fachbegriffe

Mehr zum Thema
Um Ihnen den bestmöglichen Service zu bieten, verwenden wir Cookies. Einige dieser Cookies sind erforderlich für den reibungslosen Ablauf dieser Website, andere helfen uns, Inhalte auf Sie zugeschnitten anzubieten. Wenn Sie auf „ Ich akzeptiere“ klicken, stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Individuelle Cookie-Einstellungen Ich akzeptiere