Der Bauunternehmer als Auftragnehmer kann sowohl bei einem VOB-Vertrag nach § 16 Abs. 1 in VOB/B als auch bei Werkverträgen nach BGB gemäß § 632 a Abs. 1 im BGB verlangen und vereinbaren, dass Bauleistungen bereits vor Fertigstellung einer Baumaßnahme mit Abschlagsrechnungen dem Auftraggeber (AG) in Rechnung gestellt werden. Maßgebend dafür sind die mit dem Bauvertrag vereinbarten Termine nach dem Bauzeit- oder Bauzeitenplan sowie die Höhe des Wertes, der zu den Zeitpunkten jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen.
Die Rechnungslegung in Form von Abschlagsrechnungen kann nach zwei unterschiedlichen Varianten erfolgen, und zwar:
jeweils in Höhe des Wertes der ausgeführten und nachgewiesenen Bauleistungen im Zeitraum vom Baubeginn bis zur 1. Abschlagsrechnung und danach folgend für die Zeiträume jeweils zwischen zwei Abschlagsrechnungen (beispielhaft dargestellt innerhalb der Schlussrechnung) oder nach dem Wertumfang der kumulativ erbrachten und nachgewiesenen Bauleistungen als Fortschreibung bis zur Schlussrechnung, bezeichnet als "kumulative Rechnungslegung".
Beide Formen sind unabhängig von der vereinbarten Vertragsart als Einheitspreisvertrag und Pauschalvertrag anwendbar und werden in der Baupraxis auch mit unterschiedlicher Intensität herangezogen. Zu beachten bleibt jedoch die verschiedene Art und Weise des Abzugs von Anzahlungen und erhaltenen Abschlagszahlungen. Bei der kumulativen Rechnungslegung nach 2. sind die vor der nächsten Abschlagsrechnung bereits erhaltenen kumulativen Abschlagszahlungen (ggf. mit Einzelnachweis der erhaltenen einzelnen Abschlagszahlungen) wertmäßig vom kumulativen Rechnungsbetrag der folgenden Abschlagsrechnung abzusetzen. Danach ist fortlaufend analog bei den folgenden kumulativen Abschlagsrechnungen zu verfahren, ebenso bei der nach Fertigstellung bzw. Abnahme der Bauleistung folgenden Schlussrechnung. Die Verfahrensweise als Gestaltung zur Rechnungslegung wird mit vereinfachten Beispielen nach Varianten unten veranschaulicht:
- mit und ohne Umsatzsteuer,
- unter Berücksichtigung der Absetzung von vereinnahmten Abschlagszahlungen sowie
- der für Bauleistungen maßgebenden Umsatzsteuer-Istbesteuerung von Bauleistungen.
Zunächst ist zu berücksichtigen, ob die Rechnungslegung mit oder ohne Umsatzsteuer zu erfolgen hat. Unterliegt die Bauleistung beim Leistungsempfänger der Steuerschuldnerschaft nach § 13 b Umsatzsteuergesetz (UStG), so ist dem Rechnungsempfänger nur eine Rechnung zum Netto-Betrag ohne Umsatzsteuer auszustellen.
Ist demgegenüber der Leistungsempfänger selbst nicht Steuerschuldner für die Umsatzsteuer, so erhält er eine Rechnung mit Ausweis des Nettobetrags, der Umsatzsteuer und des Bruttobetrags. Maßgebend für die Umsatzsteuer sind die jeweils geltenden Umsatzsteuersätze in den betreffenden Abrechnungszeiträumen. Das leistende Bauunternehmen ist dann zur Abführung der Umsatzsteuer verpflichtet, jedoch nach den Regeln der Umsatzsteuer-Istbesteuerung von Bauleistungen, wonach die Umsatzsteuer erst nach Zahlungserhalt fällig wird. Bei einer Änderung der Umsatzsteuersätze (wie ab 1. Juli 2020 und ab 1. Januar 2021) sind die Ausführungen und Beispiele unter Umsatzsteuer-Absenkung und Umsatzsteuer-Erhöhung zu beachten. Diese kumulative Rechnungslegung erfordert auch einen Nachweis über die kumulativ ausgeführte Bauleistung bzw. ein kumulativ geführtes Aufmaß über den Leistungsstand der einzelnen Leistungspositionen, das dann jeweils der letzten Abschlagsrechnung beizufügen bliebe. So ist dann fortführend bis zur Schlussrechnung zu verfahren. In der Schlussrechnung ist die gesamte Leistung zusammengefasst geltend zu machen, einschließlich aller Nachforderungen, Leistungen aus Nachträgen und evtl. noch nicht bestätigten Nachträgen. Dabei sind die insgesamt vereinnahmten Abschlagszahlungen wiederum von der Schlussrechnung abzuziehen und auch früher gestellte, aber noch unerledigte Forderungen (z. B. unbezahlte Abschlagsrechnungen, Vertragserfüllungseinbehalte, unbegründete Rechnungskürzungen) nochmals vorzubehalten. Die kumulative Rechnungslegung bietet den Vorteil, dass sowohl der Auftragnehmer als auch der Auftraggeber mit jeder Abschlagsrechnung sofort einerseits den kumulativen Leistungsstand und zum anderen auch den noch offenen Stand der Bezahlung von Leistungen ablesen können. Bei öffentlichen Bauaufträgen und Einheitspreisverträgen wird meistens die kumulative Rechnungslegung vorgezogen und vereinbart. Zum Umfang der in eine Abschlagsrechnung einzubeziehenden Leistungen sei noch hervorzuheben, dass auch die für die geforderten Leistungen angefertigten und bereitgestellten Bauteile sowie die auf die Baustelle angelieferten Stoffe und Bauteile mit einbezogen werden können, wenn dem Auftraggeber nach seiner Wahl das Eigentum an ihnen übertragen wurde. Dies ist sowohl bei einem Bauvertrag nach VOB (mit Bezug auf § 16 Abs. 1, Nr. 1 in der VOB/B) als auch nach BGB möglich und in dieser Art und Weise geregelt. Bei öffentlichen Bauaufträgen sieht die Richtlinie 423 unter Tz. 1 zu Abschlagszahlungen für angelieferte Stoffe im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017, Stand 2019) vor, dass es sich bei den angelieferten Stoffen und Bauteilen nur um solche handeln soll, die nach dem „Grundsatz wirtschaftlicher Betriebsführung für einen reibungslosen Bauablauf notwendig sind“. Beispiele - Kumulative Rechnungslegung mit Abschlagsrechnungen
Mit den folgenden Beispielen sollen mögliche Gestaltungen als Varianten demonstriert werden.
Ausgangsdaten für die kumulative Rechnungslegung mit Abschlagsrechnungen:
Bauleistung Auftragssumme | = | 100.000 € | | |
1. Abschlagsrechnung (AR) | = | 30.000 € | kumulativ | 30.000 € |
2. Abschlagsrechnung (AR) | = | 20.000 € | kumulativ | 50.000 € |
3. Abschlagsrechnung (AR) | = | 35.000 € | kumulativ | 85.000 € |
Schlussrechnung | = | 15.000 € | kumulativ | 100.000 € |
Rechnungslegung
Variante 1:
Im Beispiel ist der Leistungsempfänger selbst Erbringer von Bauleistungen und gilt nach § 13 b Umsatzsteuergesetz (UStG) als Steuerschuldner, beispielsweise eine Rechnungslegung des Nachunternehmers (NU) an den Generalunternehmer (GU) oder Hauptunternehmer (HU). Fall A:
1. Abschlagsrechnung vom 31.01.:
Bauleistung | Netto | = | 30.000 € |
Durch den Auftraggeber (AG) erfolgte am 20.02. die 1. Abschlagszahlung:
Zahlungseingang von | Netto | = | 27.000 € |
unter Abzug von 10 % von der Rechnungssumme als Einbehalt für Sicherung zur Vertragserfüllung (mit Bezug auf § 17, Abs. 6 in VOB/B)
2. Abschlagsrechnung am 28.02.:
Bauleistung kumulativ | Netto | = | 50.000 € |
./. 1. Abschlagszahlung | Netto | = | 27.000 € |
Rechnungssumme kumulativ | Netto | = | 33.000 € |
Durch den Auftraggeber erfolgte am 20.03. die 2. Abschlagszahlung:
Zahlungseingang von | Netto | = | 30.000 € |
unter Abzug von Netto = 3.000 € wegen Mängeln |
3. Abschlagsrechnung am 31.3.:
Bauleistung kumulativ | Netto | = | 85.000 € |
./. 1. Abschlagszahlung | Netto | = | 27.000 € |
./. 2. Abschlagszahlung | Netto | = | 30.000 € |
Rechnungssumme kumulativ | Netto | = | 28.000 € |
Fall B:
Am 31.3. war nur die 1. Abschlagsrechnung durch den AG mit 27.000 € bezahlt worden. Folglich gilt für die 3. Abschlagsrechnung am 31.3. folgende Aufstellung: 31.3. war nur die 1. Abschlagsrechnung durch den AG mit 27.000 € bezahlt worden. Folglich gilt für die 3. Abschlagsrechnung am 31.3. folgende Aufstellung:
Bauleistung kumulativ | Netto | = | 85.000 € |
./. 1. Abschlagszahlung | Netto | = | 27.000 € |
Rechnungssumme kumulativ | Netto | = | 58.000 € |
Bliebe es nur bei einer Vereinnahmung zur 1. Abschlagsrechnung von 27.000 €, leitet sich nach weiterem Leistungszuwachs für die Schlussrechnung folgende Aufstellung ab, nach der alle noch nicht vereinnahmten Zahlungen vorbehalten, d. h. wieder in die Rechnungssumme einbezogen werden. Schlussrechnung | Netto | = | 100.000 € |
./. 1. Abschlagszahlung | Netto | = | 27.000 € |
Rechnungssumme | Netto | = | 83.000 € |
Variante 2:
Diese Variante ist vorzuziehen, wenn der Ausweis der Umsatzsteuer erforderlich ist und der Leistungsempfänger nicht als Steuerschuldner zur Umsatzsteuer nach § 13 b UStG gilt.
| Netto | 19 % USt. | Brutto |
1. Abschlagsrechnung vom 31.01. |
Bauleistung | 30.000 € | 5.700 € | 35.700 € |
1. Abschlagszahlung am 20.02. | 27.000 € | 5.130 € | 32.130 € |
Absetzung der einzelnen Abschlagszahlungen und der auf sie entfallenden Umsatzsteuerbeträge (falls Nachlass mit Vertrag gewährt, dann entsprechende Absetzung) in der folgenden Abschlagsrechnung: |
2. Abschlagsrechnung am 28.02. |
Bauleistung kumulativ | 50.000 € | 9.500 € | 59.500 € |
./. 1. Abschlagszahlung | 27.000 € | 5.130 € | 32.130 € |
Rechnungssumme kumulativ | 23.000 € | 4.370 € | 27.370 € |
Fortführung des Beispiels nach der Gestaltung in Variante 1, Fall A bis einschließlich der Schlussrechnung.