Baukalkulation / Angebot / Nachträge

Differenzierte Zuschlagskalkulation

Die differenzierte Zuschlagskalkulation ist ein spezielles Verfahren für die Kalkulation von Baumaßnahmen mit vorbestimmten Zuschlägen.

Was ist eine differenzierte Zuschlagskalkulation?

Die differenzierte Zuschlagskalkulation ist ein spezielles Verfahren für die Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen. Es kann nach Wahl des kalkulierenden Bauunternehmens für die Angebotskalkulation herangezogen werden.
Grundlage liefert das Kalkulationsschema für die Baukalkulation.
Zuschläge sind vorzubestimmen für die Zurechnung von:
Die Unterteilung des Wagnisses leitete sich als Umsetzung eines Urteils des BGH vom 24. März 2016 (Az.: VII ZR 201 / 15) ab. Danach rechnet ein betriebsbezogenes Wagnis als unternehmerisches Risiko (nicht als ersparte Aufwendung) und ist – beispielsweise bei einer Vergütungsanpassung zu Mindermengen beim Einheitspreisvertrag – nicht abzusetzen. Folglich erfordert dies eine differenzierte Aussage zum Wagnis mit dem Angebot in den EFB-Preisblättern.
Die Art der differenzierten Zurechnung der Gemeinkosten bei der Baukalkulation wird in der von den Hauptverbänden der Bauwirtschaft (HDB und ZDB) herausgegebenen, überarbeiteten und in der Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, Köln erschienenen 8. Auflage der „KLR-Bau / Kosten-, Leistungs- und Ergebnisrechnung der Bauunternehmen“ unter Tz. 2.5.1.2 als „Zuschlagsermittlung mit mehrstufiger Gemeinkostenverteilung“ bezeichnet und dargestellt.
Grundlage für die differenzierte Zuschlagskalkulation ist das Kalkulationsschema für die Baukalkulation.
Grundlage für die differenzierte Zuschlagskalkulation ist das Kalkulationsschema für die Baukalkulation. Bild: © f:data GmbH

Wofür sind Zuschläge erforderlich?

Als typisches Merkmal ist zum Kalkulationsverfahren hervorzuheben, dass die Zuschläge in der Regel unterschiedlich hoch nach einzelnen Kostenarten der Einzelkosten der Teilleistungen (EKT) wie für:
der eigenen Bauleistung einer Baumaßnahme vorbestimmt werden. Ein Zuschlag auf die Leistungen der Nachunternehmer wird ebenfalls auftragsbezogen festgelegt.
Zunächst ist zu beachten, dass die angeführten Kostenarten jeweils zusammengefasste Kostenpositionen ausdrücken.
So umfassen beispielsweise die Kostenarten der EKT folgende Inhalte:
Danach unterscheidet sich die differenzierte von der einfachen Zuschlagskalkulation, bei der Zuschläge für alle Kostenarten gleich hoch für alle Kostenarten der EKT angesetzt werden, abweichend in der Regel nur zu Nachunternehmerleistungen.

Wie werden Zuschläge bestimmt?

Die Vorausbestimmung der kostenartenbezogenen Zuschlagssätze für den Ansatz in der differenzierten Angebotskalkulation sollte von Kalkulatoren in Abstimmung mit dem kaufmännischen Leiter des Bauunternehmens vorgenommen werden. Als Grundlage für die Bestimmung können die Unterlagen des betrieblichen Rechnungswesens (Jahresabschluss und BWA – Betriebswirtschaftliche Auswertungen) bzw. die Finanzplanung für das laufende bzw. künftige Geschäftsjahr herangezogen werden. Die Finanzplanung trifft Aussagen zu den betrieblichen Kosten und zum Gewinn, und zwar mit Bezug auf ein wahrscheinliches Bauauftragsvolumen bzw. die geplante Jahresbauleistung.

In dieser Höhe werden Zuschläge angesetzt

Für den Vergleich und zur Orientierung können folgende Zuschlagssätze mit Bezug auf die kalkulierten Kostenarten dienen und ggf. angesetzt werden:
Lohn=40 % (von 30 bis 48 %),
Stoffkosten=30 % (von 20 bis 38 %),
Gerätekosten=16 % (von 10 bis 25 %),
Sonstige Kosten=8 % (von 5 bis 12 %) und
Nachunternehmer=10 % (von 8 bis 13 %).
Die Zuschlagssätze sind jeweils auf die kalkulierten Einzelkosten der Teilleistungen als Basis zu betrachten.
Nach der Höhe der Zuschlagssätze und ihrer Basis unterscheidet sich die differenzierte von der einfachen Zuschlagskalkulation. Letztere weist Zuschläge für alle Kostenarten gleich hoch auf die der EKT aus, abweichend in der Regel nur zu Nachunternehmerleistungen.

Kostenfreie Kalkulationshilfen

Musterberechnungen zur Vorbestimmung von differenzierten Zuschlägen liefern auch die unter Kalkulationshilfen angeführten Excel-Tabellen. Zugrunde liegen Musterfinanzpläne, die unmittelbar nach Einsetzung von betriebsindividuellen Werten die Berechnung und Ableitung von vorbestimmten Zuschlagssätzen ermöglichen.
Neben den konkreten Kalkulationshilfen finden Sie auch Erläuterungen zu den einzelnen Kalkulationspositionen. Sie unterstützen die vorgesehene Anpassung eines Musterfinanzplans mit Bezug auf betriebliche Konten nach den herangezogenen, betrieblich verwendeten Kostenpositionen bzw. nach dem betrieblichen Kontenrahmen (z. B. Baukontenrahmen 2016 oder MKR).
Verwiesen sei besonders auf die Kalkulationshilfe „Finanzplan zur Ermittlung von Kalkulationszuschlagssätzen".

Kalkulation nach dem EFB-Formblatt 221

Verlangt der Bauherr als Auftraggeber vom Bauunternehmen als Bieter zum Angebot die Vorlage der ergänzenden Formblätter Preise (EFB-Preis) nach Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund), dann ist bei gewählter differenzierter Zuschlagskalkulation der Ausweis im Formblatt 221 aufzubereiten. Bei öffentlichen Bauaufträgen ist es in der Regel vorzulegen.
Im Formblatt 221 steht dazu:
Bauprofessor-Fachthemen
+ Fachthemen +
Formen, Verfahren, Methoden -
alles rund um „Kalkulation“
Hier auf einem Blick »

So läuft eine differenzierte Zuschlagskalkulation ab

Zunächst sind zu berechnen:
Der Mittellohn (ML) hat in jeder Kalkulation eine wichtige und zentrale Bedeutung und ist betriebsindividuell zu berechnen. Er entspricht dem Durchschnittswert (arithmetisches Mittel) der Lohnkosten je Arbeitsstunde der gewerblichen Arbeitnehmer für den Bauauftrag bzw. in kleinen Bauunternehmen des Betriebes. Er kann mit oder ohne anteilige Aufsichtskosten – beispielsweise für Angestellte / Poliere – gebildet werden. Hinzuzurechnen sind Lohnzusatzkosten (als lohngebundene Kosten) sowie Lohnnebenkosten.
Bis zum Kalkulationslohn (KL) unterscheidet sich die Ermittlung und der Ausweis nicht von anderen Kalkulationsverfahren.
Danach sind die Zuschlagssätze für den Bauauftrag festzulegen. Zunächst ist der Lohnzuschlag dem Kalkulationslohn zuzurechnen. Im Ergebnis steht der Verrechnungslohn. Dieser ist mit den kalkulierten Arbeitsstunden zu multiplizieren. Die Summe stellt die Lohnkosten dar.
Gleichermaßen sind die jeweiligen Kostenartensummen der EKT mit den Zuschlagssätzen zu multiplizieren. Danach leitet sich aus der Addition aller Kostenartensummen (einschließlich der Zuschläge) die Angebotssumme für den Bauauftrag ab. Diesen Kosten sind danach die Gemeinkosten als BGK und AGK sowie W & G zuzurechnen. Sofern auch Teilleistungen für die Ausführung durch Nachunternehmer vorgesehen sind, ist dies analog zu berücksichtigen.

Beispiel: Ein ausgefülltes Formblatt 221

Das folgende Beispiel veranschaulicht die Berechnungen für eine differenzierte Zuschlagskalkulation mit angeführten Zuschlagssätzen und bis zur Ermittlung der Angebotssumme.

221

(Preisermittlung bei Zuschlagskalkulation)
Bieter
Ingenieurbau GmbH
VergabenummerDatum
123416.09.2024
Baumaßnahme
Stützwände
Angebot für
öffentlichen Auftraggeber

Angaben zur Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen

1.Angaben über den VerrechnungslohnZuschlag
%
€ / h
1.1Mittellohn ML
einschließlich Lohnzulagen und Lohnerhöhung, wenn keine Lohngleitklausel vereinbart wird.
20,20
1.2Lohngebundene Kosten
Sozialkosten und Soziallöhne, als Zuschlag auf ML.
80,0016,16
1.3Lohnnebenkosten
Auslösungen und Fahrgelder, als Zuschlag auf ML.
4,000,81
1.4Kalkulationslohn KL
(Summe 1.1 bis 1.3)
37,17
1.5Zuschlag auf Kalkulationslohn
(aus Zeile 2.4, Spalte 1)
40,0014,87
1.6Verrechnungslohn VL
(Summe aus 1.4 und 1.5, VL im Formblatt 223 berücksichtigen)
52,04
2.Zuschläge auf die Einzelkosten der Teilleistungen = unmittelbare Herstellungskosten
Zuschläge in % auf
LohnStoff-
kosten
Geräte-
kosten
Sonstige
Kosten
Nachunter-
nehmer-
kosten
2.1Baustellengemeinkosten8,007,0010,003,001,00
2.2Allgemeine Geschäftskosten25,0016,001,000,003,00
2.3Wagnis und Gewinn
2.3.1Gewinn4,004,003,003,003,00
2.3.2betriebsbezogenes Wagnis1,501,001,001,002,00
2.3.3leistungsbezogenes Wagnis1,502,001,001,001,00
2.4Gesamtzuschläge40,0030,0016,008,0010,00
3.Ermittlung der Angebotssumme
Einzelkosten d.
Teilleistungen =
unmittelbare
Herstellungs-
kosten
Gesamtzu-
schläge
Angebots-
summe
%
3.1Eigene Lohnkosten
Verrechnungslohn(1.6)xGesamtstunden
52,04 € / hx2.700,00 h
140.508,00
3.2Stoffkosten
(einschließlich Kosten für Hilfsstoffe)
90.080,5030,00117.104,65
3.3Gerätekosten
(einschließlich Kosten für Energie und Betriebsstoffe)
16.100,0016,0018.676,00
3.4Sonstige Kosten
(vom Bieter zu erläutern)
8.500,008,009.180,00
3.5Nachunternehmerleistungen*32.040,0010,0035.244,00
Angebotssumme ohne Umsatzsteuer320.712,65

Eventuelle Erläuterungen des Bieters:
1. Die Abweichung der Angebotssumme aus dem EFB zur Angebotssumme aus dem LV entsteht durch Rundungsdifferenzen aufgrund unterschiedlicher Zusammenzählung der Einzelkosten.
2. Evtl. Angaben zur Aufteilung des Zuschlagssatzes zu BGK in Zeile 2.1 nach bauzeitabhängigen und bauzeitunabhängigen Anteilen:
........................................................................................................
........................................................................................................
........................................................................................................
Die im Abschnitt 2 des Formblatts eingestellten Zuschlagssätze tragen lediglich Durchschnittscharakter für ein mittelgroßes Bauunternehmen mit durchschnittlicher Bauleistungsstruktur. Sie sollten betriebsindividuell und ggf. bauauftragsbezogen bestimmt und angegeben werden.
Unter Bemerkungen auf Seite 2 des Formblatts EFB 221 können noch ergänzende Aussagen (wie im Beispiel angeführt) vermerkt werden, so ggf. zur weiteren Differenzierung der Zuschläge zu den Baustellengemeinkosten nach bauzeitabhängigen BGK und bauzeitunabhängigen BGK.
Werden zum Bauauftrag auch Leistungen von Nachunternehmern eingebunden, dann kann der Auftraggeber für diese Leistungen die Angaben zur Kalkulation des Nachunternehmers verlangen.

Aufgliederung der kalkulierten Einheitspreise

Bei öffentlichen Bauaufträgen kann der Auftraggeber vom Bieter auch die Aufgliederung der Einheitspreise im entsprechenden Formblatt 223 nach VHB-Bund verlangen. Die Zurechnungen mit den differenzierten Zuschlägen schlagen sich entsprechend unterschiedlich hoch in den jeweiligen Kostenartensummen der ausgewiesenen Einheitspreise im Formblatt 223 nieder. Die Aufgliederung soll die Prüfung zur Angemessenheit von Preisen im Angebot unterstützen. Für die Prüfung von kalkulierten Nachträgen ist sie unerlässlich.
Herzlichen Dank an Prof. Dr. habil. Siegmar Kloß für die fachliche Unterstützung bei diesem Artikel auf bauprofessor.de.
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