Baukalkulation / Angebot / Nachträge

Vollkostenstundensatzkalkulation

Kleinere Bauunternehmen, besonders im Baunebengewerbe, sowie Bauhandwerksbetriebe wünschen meistens ein Kalkulationsverfahren, das eine schnelle und einfache Angebotskalkulation sowie auch die Nachtragskalkulation ermöglicht. Dafür bietet sich die Kalkulation mit einem Vollkostenstundensatz, auch synonym als Kalkulation mit Verrechnungslohn bezeichnet, an.
Zu empfehlen ist sie besonders bei Angeboten
  • mit lohnintensiven Bauleistungen oder
  • mit Leistungen in nur einem Gewerk bzw. Bauarbeit oder
  • mit einem annähernd gleichen Stoffeinsatz (z. B. Maler- und Fliesenarbeiten) für die Leistungen oder
  • mit kaum oder nur geringfügig anfallenden Baustellengemeinkosten (im Besonderen die Kosten für die Baustelleneinrichtung) oder
  • beispielsweise für Elektroarbeiten und Leistungen des Maschinenbaus.
Bei Anwendung der Vollkostenstundensatzkalkulation ist ebenfalls das ergänzende Formblatt Preise (EFB-Preis) 221 nach Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017) maßgebend und bei Verlangen für das Angebot (EFB-Preis Vorlage) auszufüllen und dem Auftraggeber zu überreichen.
Dem Inhalt des Formblatts 221 nach werden jeweils in 3 Abschnitten Aussagen verlangt: Aufgeführt wird unten ein ausgefülltes EFB-Formblatt 221 als praktisches .
Charakteristisch ist für die Vollkostenstundensatzkalkulation, dass sämtliche Gemeinkosten sowie Gewinn und Wagnisse, praktisch der gesamte Deckungsbeitrag, ausschließlich auf Lohn verrechnet werden. Das bedeutet, dass im Abschnitt 2 im Formblatt 221 nur Zuschläge in der Spalte Lohn auftreten, gesamt in Zeile 2.4 und ggf. differenziert mit den Anteilen für BGK, AGK sowie Gewinn und differenziert zu betriebsbezogenem und leistungsbezogenem Wagnis. Dabei bleibt zu berücksichtigen, dass "Lohn" als Basis die Lohnkosten für gewerbliche Arbeitnehmer zum Bauauftrag einschließlich von lohngebundenen Kosten und Lohnnebenkosten umfassen.
Der vorberechnete Zuschlagsatz insgesamt auf Lohn in Zeile 2.4 im Formblatt 221 wird dann auf den Kalkulationslohn in Zeile 1.4 zugerechnet. Im Ergebnis steht in Zeile 1.6 der Verrechnungslohn, gewissermaßen im Ausdruck des „Betriebsmittellohns“ als Stundensatz bzw. Stundenpreis und vergleichbar im weitesten Sinne mit der Berechnung bzw. Kalkulation eines Preises für Stundenlohnarbeiten (nach § 15 in der VOB, Teil B).
Der Verrechnungslohn in Zeile 1.6 bei Vollkostenstundensatzkalkulation ist wiederum nicht vergleichbar beispielsweise mit dem Verrechnungslohn in Zeile 1.6, wenn ein anderes Kalkulationsverfahren (beispielsweise die differenzierte Zuschlagskalkulation) herangezogen wird. Vergleichbar wäre der Verrechnungslohn nur dann, wenn alle Bieter auf Basis der Vollkostenstundensatzkalkulation ein Angebot abgeben. Das dürfte in der Baupraxis aber kaum der Fall sein.
Über andere Kostenarten außer Lohn entfällt eine Verrechnung, wobei lediglich wieder die Leistungen der Nachunternehmer (soweit anfallend) einen Zuschlag erhalten werden.
Die vorbestimmten Zuschläge für die Vollkostenstundensatzkalkulation werden sich orientieren in einer Spanne von:
  • ca. 65 bis 90 % auf den Kalkulationslohn und
  • ca. 8 bis 13 % auf die Nachunternehmerleistungen.
In welcher Höhe die Zuschlagsätze anzusetzen sind, ist betriebsindividuell vorzubestimmen und sollte in Abstimmung mit dem kaufmännischen Leiter des Bauunternehmens vorgenommen werden. Als Grundlage für die Bestimmung können und sollten die Unterlagen des betrieblichen Rechnungswesens (Jahresabschluss und BWA - Betriebswirtschaftliche Auswertungen) bzw. die Finanzplanung für das laufende bzw. künftige Geschäftsjahr herangezogen werden. Die Finanzplanung trifft Aussagen zu den Kalkulationspositionen, und zwar mit Bezug auf ein wahrscheinliches Bauauftragsvolumen bzw. die geplante Jahresbauleistung.
Musterberechnungen zu vorbestimmten Zuschlägen liefern die unter Downloads angeführten Excel- Tabellen. Zugrunde liegen Musterfinanzpläne, die unmittelbar nach Einsetzung von betriebsindividuellen Werten die Berechnung und Ableitung von vorbestimmten Zuschlagsätzen ermöglichen. Weiterhin werden unter Downloads auch Erläuterungen zu den einzelnen Kostenarten bzw. Kalkulationspositionen eines Musterfinanzplans mit Bezug auf betriebliche Konten nach dem Kontenrahmen (BKR 2016 oder MKR) für die betriebliche Anpassung des Musterfinanzplans gegeben. Verwiesen sei auch auf detailliertere Aussagen unter Finanzplan zur Ermittlung von Kalkulationszuschlagssätzen.
Unter Bemerkungen auf Seite 2 des EFB-Formblatts 221 können noch ergänzende Aussagen vermerkt werden, so ggf. zur weiteren Differenzierung der Zuschläge zu den Baustellengemeinkosten nach Anteilen von bauzeitabhängigen BGK und bauzeitunabhängigen BGK.
Werden zum Bauauftrag auch Leistungen von Nachunternehmern eingebunden, dann kann der Auftraggeber für diese Leistungen die Angaben zur Kalkulation des Nachunternehmers verlangen.
Bei öffentlichen Bauaufträgen mit Ausschreibungen nach VHB kann vom Bieter auch die Aufgliederung der Einheitspreise (EFB 223) im entsprechenden Formblatt 223 nach VHB-2017 und daraus abgeleitete Aussagen verlangt werden. Da die Zuschläge lediglich auf Lohn und Nachunternehmerleistungen erfolgten, kann auch nur eine Angabe in der Spalte 6 - Löhne - des Formblatts 223 sowie gesondert zu den Nachunternehmerleistungen ausgewiesen werden.
Die Aufgliederung soll die Prüfung zur Angemessenheit von Preisen im Angebot unterstützen. Sie wird auch für die Prüfung von kalkulierten Nachträgen für unerlässlich gehalten.
Durchführbar ist die Vollkostenstundensatzkalkulation beispielsweise rationell mit der Kalkulationssoftware "nextbau" der Firma f:data Weimar/Dresden zugleich mit Ausdruck der ergänzenden Formblätter Preise 221 und 223. Speziell werden beispielsweise auch 17 verschiedene bauleistungssparten- und gewerkebezogene Musterfinanzpläne für die betriebliche Anpassung zur Ableitung von Zuschlagsätzen für die Kalkulation angeboten.

Beispiel ausgefülltes Formblatt Preise 221 (nach VHB- Bund, Ausgabe 2017)

Die folgende Übersicht liefert ein Beispiel eines ausgefüllten Formblattes Preise 221 bei einer Vollkostenstundensatzkalkulation:

221

(Preisermittlung bei Zuschlagskalkulation)
Bieter
Ausbau GmbH
VergabenummerDatum
1352018
Baumaßnahme
Ausbau...............
Angebot für
öffentlichen Auftraggeber

Angaben zur Kalkulation mit vorbestimmten Zuschlägen

1.Angaben über den VerrechnungslohnZuschlag
%
€/h
1.1Mittellohn ML
einschl. Lohnzulagen u. Lohnerhöhung, wenn keine Lohngleitklausel vereinbart wird.
14,50
1.2Lohngebundene Kosten
Sozialkosten und Soziallöhne, als Zuschlag auf ML
80,0011,60
1.3Lohnnebenkosten
Auslösungen, Fahrgelder, als Zuschlag auf ML
3,500,51
1.4Kalkulationslohn KL
(Summe 1.1 bis 1.3)
26,61
1.5Zuschlag auf Kalkulationslohn
(aus Zeile 2.4, Spalte 1)
70,0018,63
1.6Verrechnungslohn VL
(Summe aus 1.4 und 1.5, VL im Formblatt 223 berücksichtigen)
45,24
2.Zuschläge auf die Einzelkosten der Teilleistungen = unmittelbare Herstellungskosten
Zuschläge in % auf
LohnStoff-
kosten
Geräte-
kosten
Sonstige
Kosten
Nachunter-
nehmer-
kosten
2.1Baustellengemeinkosten5,000,000,000,000,00
2.2Allgemeine Geschäftskosten43,000,000,000,002,00
2.3Wagnis und Gewinn
2.3.1Gewinn12,000,000,000,004,00
2.3.2betriebsbezogenes Wagnis5,000,000,000,003,00
2.3.3leistungsbezogenes Wagnis5,000,000,000,001,00
2.4Gesamtzuschläge70,000,000,000,0010,00
3.Ermittlung der Angebotssumme
Einzelkosten d.
Teilleistungen=
unmittelbare
Herstellungs-
kosten
Gesamtzu-
schläge
Angebots-
summe
%
3.1Eigene Lohnkosten
Verrechnungslohn (1.6)xGesamtstunden
45,24 €/hx1.500,00 h
67.860,00
3.2Stoffkosten
(einschl. Kosten für Hilfsstoffe)
45.446,400,0045.446,40
3.3Gerätekosten
(einschl. Kosten für Energie und Betriebsstoffe)
3.811,620,003.811,62
3.4Sonstige Kosten
(vom Bieter zu erläutern)
1.204,500,001.204,50
3.5Nachunternehmerleistungen*2.150,0010,002.365,00
Angebotssumme ohne Umsatzsteuer120.687,52

eventuelle Erläuterungen des Bieters:
1) Die Abweichung der Angebotssumme aus dem EFB zur Angebotssumme aus dem LV entsteht durch Rundungsdifferenzen aufgrund unterschiedlicher Zusammenzählung der Einzelkosten.
2) Evtl. Angaben zur Aufteilung des Zuschlagsatzes zu BGK in Zeile 2.1 nach bauzeitabhängigen und bauzeitunabhängigen Anteilen.
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