Baurecht / BGB

Nachtragsprüfung

Nachtragsprüfung
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Nachträge können während der Bauausführung eines Bauauftrags erforderlich werden, wenn die ausgeführte Leistung infolge von Änderungen und ggf. zusätzlichen Leistungen vom Bausoll abweicht. Der bauausführende Unternehmer als Auftragnehmer wird dann Nachtragsforderungen geltend machen, bei einem:
  • VOB-Vertrag mit Bezug auf die einzelnen Nachtragsarten nach der VOB nach § 2 Abs. 3 bis 9 in der VOB/B und
  • Bauvertrag nach BGB als Vergütungsanpassungen bei einem Begehren des Bestellers oder Verbrauchers zu Änderungen des vereinbarten Werkerfolgs und diesbezüglichen Anordnungen nach §§ 650b und 650c Abs. 2 BGB.
Dem Auftraggeber fällt dann die Aufgabe der Prüfung zu den vorgelegten Nachträgen zu.
Die Nachtragsprüfung sollte grundsätzlich in zwei Richtungen erfolgen:
  • Sachprüfung und
  • Preisprüfung.
Die Sachprüfung wird zu folgenden Aussagen bzw. einem Status führen:
  • Erfasst = eine sachliche Wertung muss noch erfolgen
  • Sachlich anerkannt = unstrittig von der Sache her, preislich aber noch zu prüfen, insbesondere der Höhe des Preises nach.
Die anschließende Preisprüfung führt zu einem Status für den bearbeiteten Nachtrag mit folgenden Aussagen:
  • zweifelhaft (strittig meistens nur aus dem Preisvergleich, wozu ggf. weitere Prüfungen erforderlich sind und/oder zusätzliche Aussagen bzw. Erklärungen vom Auftragnehmer abzufordern wären und/oder sich in der Nachtragsverhandlung aufklären lassen),
  • unberechtigte Nachtragsforderungen, die abzulehnen sind,
  • geprüft und bereits anerkannt, d.h. sachliche und preisliche Prüfung ist für die Zahlung erfolgt sowie
  • geprüft und abgelehnt, folglich eine Bezahlung der Leistung nicht erfolgen kann.
Ein weiterer Schwerpunkt bildet dabei die Prüfung der mit einer Nachtragsforderung geltend gemachten Mehr- oder Minderkosten. Leistungsänderungen, insbesondere Mengenänderungen, können und werden sich in der Regel
  • sowohl auf die Einzelkosten der Teilleistungen (EKT) als auch auf die Gesamtkosten auswirken und
  • zu Unter- oder Überdeckungen bei den Gemeinkosten sowie Gewinn führen.
Für die preisrechtliche Nachtragsprüfung bei VOB-Verträgen mit öffentlichen Auftraggebern liefert der "Leitfaden zur Vergütung bei Nachträgen" in Richtlinie 510 im Vergabe- und Vertragshandbuch (VHB-Bund, Ausgabe 2017) eine wichtige Grundlage:
Zu beachten bleibt, dass die Preisermittlung für die Nachtragspositionen auf der gleichen Grundlage wie die Kalkulation für das Angebot vorzunehmen ist, d.h. praktisch die ursprünglichen Preis- und Kalkulationsgrundlagen für den Bauvertrag fortzuschreiben sind. Das betrifft vor allem den angesetzten Kalkulationslohn und die Zuschlagsätze bzw. Umlagen für die Gemeinkosten (Baustellengemeinkosten und Allgemeine Geschäftskosten), Gewinn sowie Wagnis (mit Differenzierung nach betriebsbezogenem und leistungsbezogenem Wagnis). Ob dies auch erfolgte, kann auf Grundlage einer übergebenen Urkalkulation oder anhand der abverlangten ergänzenden Formblätter Preise (EFB-Preis) 221 bis 223 nach VHB-Bund geprüft werden. Eine besonders sorgfältige Prüfung danach wäre dann anzuraten, wenn die Preisermittlung der Nachträge nicht sachgerecht oder für den Auftraggeber nicht nachvollziehbar ist.
Schließlich bliebe zu prüfen, ob nach Prüfung der Nachtragsforderung eine Nachtragsvereinbarung erforderlich ist. Dies muss nicht grundsätzlich der Fall sein, wenn sich aus der Nachtragsforderung beispielsweise nicht die vereinbarten Einheitspreise, sondern nur die Gesamtvergütung verändert.
Für öffentliche Bauaufträge sind noch die speziellen Anforderungen im VHB-Bund (2017) zu folgenden Formblättern einschließlich zugeordneter Richtlinien zu berücksichtigen:
  • Formblatt 521 zur Vergütungszuordnung und -berechnung einschließlich zugeordneter Richtlinie zum Nachweis der geänderten Einheitspreise sowie der Gesamtvergütung nach der Vergütungsstruktur bzw. den einzelnen Nachtragsarten einschließlich den Aussagen einer Ausgleichsrechnung zu den Nachträgen,
  • Formblatt 522 zum Prüfungsvermerk zur Gesamtvergütung mit Zusammenstellung der ggf. neuen Gesamtvergütung,
  • Formblatt 523 zu Nachtragsvereinbarungen einschließlich Richtlinie.
Für die Abfassung der Nachtragsvereinbarung werden im Formblatt 523 und der zugeordneten Richtlinie die festzuschreibenden Aussagen vorgeschrieben. Wird sie maßgebend, ist eine Zweitschrift den Formblättern 521 und 522 beizufügen. Ändert sich im Ergebnis der Prüfung die Gesamtvergütung, ist darüber ein Prüfungsvermerk vorzunehmen und dafür das Formblatt 522 heranzuziehen. Eine Änderung der Gesamtvergütung kann auch vorliegen, wenn sich die Einheitspreise nicht verändern.
Für Baumaßnahmen im Straßen- und Brückenbau erfolgen spezielle Regelungen im "Handbuch für die Vergabe und Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau (HVA B-StB)" im Teil 3 unter Tz. 3.4 - Nachträge.
Bereits vor Abschluss eines Nachtrages sollte geprüft werden, ob die Voraussetzungen hierzu nach dem Bauvertrag vorliegen. Zum vereinbarten Nachtrag sind die einzelnen Leistungspositionen nach ihren Ordnungszahlen (OZ) vor allem danach zu prüfen:
  • ob die Nachtragsposition mit Bezug auf § 2 Abs. 1 VOB/B auch Bestandteil der vertraglichen Leistung ist,
  • ob die Nachtragsposition vollständig und prüffähig ist,
  • welche Anspruchsgrundlage nach den Nachtragsarten in § Abs. 3 Nr. 3 bis 10 VOB/B zutreffend ist,
  • ob die Leistungs- und Mengenansätze als Elemente der Preisermittlung aus der Angebotskalkulation bzw. auf Grundlage der Urkalkulation berücksichtigt wurden.
Handelt es sich um Zeitvertragsarbeiten, dann stehen Nachträge bei Einzelaufträgen nach Tz. 2 in der Richtlinie 617 - Rahmenvereinbarung für Zeitvertragsarbeiten - im VHB-Bund (2017) nicht im Vordergrund und im Grundsatz auch keine Nachträge vereinbart werden. Sind jedoch bei der Ausführung Leistungen erkennbar, die in der Rahmenvereinbarung nicht enthalten sind (z. B. zusätzliche Aufnahme von weiteren Gewerken wie Gerüstbau u. a.), können mit Nachträgen bei Zeitvertragsarbeiten vereinbart werden. Für eine Nachtragsvereinbarung ist dann ebenfalls das Formblatt 523 im VHB- Bund (2017) zu verwenden.
Sind bereits bei der Erteilung eines Einzelauftrags für Bauunterhaltungsarbeiten als Zeitvertragsarbeiten nicht vorgesehene Leistungen erkennbar, können diese als zusätzliche Leistungen im Einzelvertrag (als Abrufvertrag) vereinbart werden.
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