Einbehalt von Geld als Sicherheit für die Mängelansprüche nach Abnahme innerhalb der Mängelanspruchsfrist ist eine spezielle Art der Sicherheitsleistung des Bauunternehmens als Auftragnehmer für den Auftraggeber (AG) - öffentlicher Auftraggeber, Besteller oder Verbraucher -. Grundlagen hierzu liefern die Aussagen allgemein zu Bauverträgen in § 232 Abs. 1 BGB zur Hinterlegung von Geld als Sicherheit sowie zu VOB-Verträgen in § 17 der VOB, Teil B. Meistens wird in der Praxis ein Einbehalt von Geld als Sicherheit vorgesehen und vereinbart, wenn der Auftragnehmer nicht in der Lage ist, die Sicherheit nach anderer Art, beispielsweise mit einer Mängelansprüchebürgschaft zu stellen. Ist diese Art der Sicherheit zum VOB-Vertrag nach Wahl des Bauunternehmens vereinbart und macht der Auftraggeber davon Gebrauch, so hat er nach § 17 Abs. 6 VOB/B den einbehaltenen Betrag von der Schlussrechnung dem Auftragnehmer mitzuteilen und binnen 18 Werktagen nach dieser Mitteilung auf ein Sperrkonto ("Und"-Konto) bei einem vereinbarten Geldinstitut einzuzahlen. Weiterhin hat er zu veranlassen, dass das Geldinstitut den Auftragnehmer von der Einzahlung des Sicherheitsbetrags benachrichtigt. Wenn der Auftraggeber den einbehaltenen Betrag von der Schlussrechnung des Bauunternehmens nicht rechtzeitig einzahlt oder die Einzahlung verzögert, kann ihm der Auftragnehmer eine angemessene Nachfrist setzen. Was als Frist angemessen gilt, wird sich nach dem Einzelfall richten, gewöhnlich 1 bis maximal 2 Wochen. Diese Fristsetzung sollte in jedem Fall eine datierte Frist enthalten, z. B. "bis zum TT.MM.JJJJ", da anderweitig der Auftraggeber nicht in Verzug gerät. Erfolgt keine Einzahlung bis zum Ende der Nachfrist, verliert der Auftraggeber seinen Anspruch auf Sicherheitsleistung nach § 17 Abs. 6, Nr. 3 VOB/B. Der einbehaltene Betrag ist dann an den Auftragnehmer auszuzahlen und der Auftragnehmer braucht nach § 17 Abs. 6, Nr. 3 VOB/B keine Sicherheit mehr zu leisten.
Die Einzahlung des Einbehalts durch den Auftraggeber auf ein Sperrkonto ist aber rechtlich nicht als eine Zahlung nach § 16 VOB/B anzusehen, beispielsweise bei einer Schlussrechnung als Zahlung für die abschließende Erfüllung des Bauvertrags. Der Auftragnehmer kann ja für den Teil des Einbehalts nicht darüber verfügen, sondern später nach Erhalt. Erst dann wäre im eigentlichen Sinn der Bauvertrag als erfüllt anzusehen.
Für die Zeit des Einbehalts stehen Zinsen auf dem Sperrkonto dem Auftragnehmer zu. Öffentliche Auftraggeber können den Einbehalt auch auf einem eigenen Verwahrgeldkonto belassen, der Betrag wird nicht verzinst. Bei Einzahlung auf ein Verwahrgeldkonto entfällt auch die Einrichtung eines Sperrkontos bei einem Kreditinstitut. Dem Auftragnehmer entsteht bei öffentlichen Bauaufträgen ein Zinsverlust, wenn Einbehalt vereinbart und realisiert wird. Dieser Zinsverlust kann aber durch den Auftragnehmer von vornherein vermieden werden, wenn er anstelle des Einbehalts die Bürgschaft als Form für die Sicherheitsleistung wählt. Dann würde ihm der Sicherheitsbetrag für Mängelansprüche im Gegenzug zur Bürgschaft ausgezahlt werden.
Wurde für die Sicherheit zur Vertragserfüllung während der Bauausführung ein Einbehalt durch den Auftraggeber vorgenommen, ist er nun mit der Schlusszahlung zu entrichten, sofern keine Vertragserfüllungsansprüche mehr bestehen und keine Einzahlung auf einem Sperrkonto erfolgte. Andernfalls bliebe zu klären, in welchem Umfang das Sperrkonto aufgelöst bzw. mit einem Betrag als Sicherheit für Mängelansprüche weitergeführt wird.
Der Auftraggeber kann aber auch die Rückgabe eines Einbehalts als nicht verwertete Sicherheit mit Bezug auf § 17 Abs. 8, Nr. 1 VOB/B ablehnen, wenn der Auftragnehmer nach erfolgter Abnahme noch:
keine Sicherheit für Mängelansprüche gestellt hat,
andere Ansprüche des Auftraggebers, die nicht von der gestellten Sicherheit für Mängelansprüche abgesichert sind, bisher nicht erfüllt hat.
In diesen Fällen kann ein entsprechender Teil der Sicherheit für die Vertragserfüllungsansprüche vom Auftraggeber einbehalten werden.
Hat der Auftraggeber als Sicherheit für die Mängelansprüche einen vereinbarten Einbehalt vorgenommen, bleibt bei einem VOB-Vertrag nach 2 Jahren zu prüfen, ob die bis zu diesem Zeitpunkt nicht verwertete Sicherheit zurückgegeben werden kann. Die eine Auszahlung des Einbehalts bzw. Freigabe vom gemeinsamen Sperrkonto setzt jedoch nach § 17 Abs. 8, Nr. 2 VOB/B voraus, dass:
kein anderer Rückgabezeitpunkt vereinbart wurde,
keine Ansprüche des Auftraggebers wegen Mängeln noch unerledigt sind.
Sind die Voraussetzungen für eine Rückzahlung des Einbehalts als Sicherheit für Mängelansprüche bereits nach 2 Jahren nicht erfüllt, wird sie vom Auftraggeber auch nicht erfolgen bzw. abgelehnt werden.
Sind alle Ansprüche des Auftraggebers aus der Mängelanspruchsfrist von 4 Jahren nach Abnahme abgelaufen bzw. bis zu diesem Zeitpunkt erfüllt, dann ist die Rückzahlung des Einbehalts an den Auftragnehmer vorzusehen. Erfolgte die Einzahlung des Einbehalts durch den Auftraggeber auf ein gemeinsames Sperrkonto als Und-Konto, dann ist das Konto aufzulösen. Evtl. angelaufene Zinsen auf dem Sperrkonto stehen dem Auftragnehmer zu.
In der Praxis wird auch oft die Handlung anzutreffen, das vom Auftraggeber die Einzahlung des Sicherheitseinbehalts für Mängelansprüche nicht auf ein gemeinsames Sperrkonto erfolgte, sondern der Einbehalt beim Auftraggeber verblieben ist. Dann muss der Auftragnehmer die Rückzahlung unmittelbar vom Auftraggeber verlangen.
Lässt der Auftraggeber eine daraufhin vom Auftragnehmer gesetzte Nachfrist erfolglos verstreichen und weigert sich weiterhin zur Rückzahlung des Einbehalts, dann befindet er sich im Schuldnerverzug mit der Folge, dass der Auftragnehmer in solchen Fällen die Zinsen und den Verzugsschaden verlangen kann. Erfolgt der Einbehalt von Geld von einer Schlussrechnung, die gegenüber dem Auftraggeber als Bruttorechnung mit Ausweis der Umsatzsteuer ausgestellt wird und für die nicht die Steuerschuldnerschaft für Bauleistungen nach § 13b Umsatzsteuergesetz (UStG) maßgebend ist, so war bisher der im Einbehalt enthaltene Betrag der Umsatzsteuer auch im Voranmeldezeitraum der Rechnungslegung abzuführen. Es gilt bei Schlussrechnungen das Prinzip der Soll-Besteuerung von Bauleistungen zur Umsatzsteuer. Zu dieser Problematik hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit dem Urteil vom 24. Oktober 2013 (Az.: V R 31/12) entschieden, dass Bauunternehmen nicht mehr verpflichtet sind, Umsatzsteuer für die Beträge des Sicherheitseinbehalts vorzufinanzieren. Die Bauunternehmen sind danach zur Umsatzsteuer-Berichtigung bei Einbehalten für die Umsatzsteuer für die Zeitdauer des wirksamen Einbehalts berechtigt, und zwar mit Bezug auf § 17 Abs. 2 UStG bereits für den Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung. Wird das Entgelt aus dem Sicherheitseinbehalt jedoch später, ggf. erst nach Jahren zum Ablauf der Mängelanspruchsfrist teilweise oder in voller Höhe vereinnahmt, dann ist der Umsatzsteuerbetrag erneut zu berichtigen und die sich daraus ergebende Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen.