Baurecht / BGB

Generalunternehmervertrag

Ein Generalunternehmervertrag ist ein Vertrag, mit dem ein Auftraggeber einen Generalunternehmer beauftragt, die vollständige Ausführung einer Baumaßnahme bis zu ihrer Fertigstellung zu übernehmen.

Zweck des GU-Vertrags

Möchte der Auftraggeber (AG) als Bauherr die Bauausführung eines Bauwerks einem Generalunternehmer (GU) übertragen, ist ein Generalunternehmervertrag abzuschließen. Danach übernimmt der GU den Bauauftrag zur Erstellung des gesamten Bauwerks. Er wird in der Regel nicht alle Bauleistungen selbst ausführen, sondern spezielle Gewerke oder Teilleistungen an Nachunternehmer (NU) vergeben. Dabei bleibt aber der GU gegenüber dem Bauherrn haftender und gewährleistender Vertragspartner für das gesamte Bauvorhaben. Dem Grunde nach liefert der Generalunternehmer eine „schlüsselfertige“ Bauleistung wie im Schlüsselfertigbau (SF-Bau).
Der Generalunternehmervertrag ist der Haupt-Bauvertrag zwischen Auftraggeber und Generalunternehmer.
Der Generalunternehmervertrag ist der Haupt-Bauvertrag zwischen Auftraggeber und Generalunternehmer. Bild: © f:data GmbH

Nutzung von Muster-Vertragsformularen

Für Bauverträge (sowohl VOB-Vertrag als auch Bauvertrag nach BGB) zwischen den Vertragspartnern „Auftraggeber und GU“ sowie „GU mit Nachunternehmern“ hat der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) Muster-Vertragsformulare entworfen. Die aktualisierte Herausgabe zum Stand: Jahr 2024 (vorher Stand: Jahr 2022) berücksichtigt neben der neueren Rechtsprechung auch die seit 2023 nach dem Lieferkettengesetz (LkSG vom 16. Juli 2021 in BGBl. I, S. 2659) geltenden Sorgfaltspflichten zu Menschenrechten und Umweltschutz mit Aufnahme in Anlagen zu den Verträgen.
Im Einzelnen betrifft es folgende Formulare:
  • FSB 2024-1: Generalunternehmervertrag
  • FSB 2024-1.1: Anlage zu Sorgfaltspflichten für Menschenrechte und Umweltschutz in Liefer- und Leistungsketten
  • FSB 2024-2: Beauftragung Nachunternehmer
  • FSB 2024-3: Verhandlungsprotokoll / Nachunternehmervertrag (Sitz Inland)
  • FSB 2024-3.1: Anlage zu Sorgfaltspflichten für Menschenrechte und Umweltschutz in Liefer- und Leistungsketten
Die Formulare sind elektronisch als PDF-Dateien oder in ausgedruckter Fassung beim HDB verfügbar. Die elektronischen PDF-Dateien können unmittelbar elektronisch ausgefüllt werden.

Gliederung des GU-Vertrags

Das FSB 2024-1 – Generalunternehmervertrag – weist folgende Gliederung auf, zu deren Tz. im Einzelnen vertragliche Festlegungen zu treffen sind:
1.Vertragsgegenstand
2.Leistungsumfang / Vertragsbestandteile
3.Vergütung / Netto-Auftragssumme
4.Änderung Leistung und Vergütung
5.Hinterlegung Urkalkulation
6.Ausführung / Vertretung / Koordination / Wartung / Bemusterung
7.Nachunternehmer
8.Termine
9.Bauablaufstörung
10.Abnahmen / Zustandsfeststellung / Kosten vorzeitiger Benutzung / Mängelbeseitigung
11.Vertragsstrafe / Beschleunigungsbonus
12.Mängelansprüche / Verjährung
13.Haftung / Versicherungen
14.Rechnungsstellung / Zahlungen
15.Kündigung
16.Sicherheitsleistung
17.Streitlösung / Gericht
18.Ausschließliche örtliche Zuständigkeit / Anwendbares Recht / Vertragssprache
19.Datenschutz
20.Compliance / Kündigung / Schriftform
21.Schlussbestimmungen
Als Anlage ist das o. a. neue Formblatt „FSB 2024-1.1“ zu Sorgfaltspflichten für Menschenrechte und Umweltschutz beizufügen.

Aussagen in der Formularfassung 2024

Die Aussagen im Formular beruhen auf:
  • der VOB Teil B sowie zu den gewerkebezogenen DIN / ATV der Ausgaben September 2019 in der VOB Teil C,
  • den seit 2018 geltenden Regelungen zum Bauvertragsrecht im BGB, insbesondere zu Änderung von vereinbarten Leistungen und deren Vergütung nach §§ 650b und 650d BGB unter Tz. 4 im Formular sowie zur Zustandsfeststellung nach § 650g BGB in Tz. 2.2.13,
  • den Verweis in Tz. 19, dass übermittelte personenbezogene Daten nach den einschlägigen Vorschriften zum Datenschutz vertraulich zu behandeln sind und
  • den Vermerk in Tz. 20, dass die beigefügte Anlage zu Sorgfaltspflichten für Menschenrechte und Umweltschutz einzuhalten ist.
Bereits zu den in vorherigen Fassungen (2021 und 2019) erfolgten Änderungen wurden Aussagen fortgeführt zu:
  • Kooperationspflichten der Vertragspartner zur vertrauensvollen Zusammenarbeit,
  • der europäischen A1-Bescheinigung für grenzüberschreitend entsandte Arbeitnehmer und
  • Urteilen des BGH zu Bürgschaften, so zum Verzicht auf die Einreden der Aufrechenbarkeit und Anfechtbarkeit sowie zur Verjährungsfrist von 5 Jahren für einen Bürgschaftsanspruch.
Weiterhin wurden zu berücksichtigende Aussagen der Rechtsetzung und Rechtsprechung ergänzt, so insbesondere:
  • zur Berechnung eines neuen Einheitspreises (EP) bei Mehrmengen nach den Urteilen des BGH, zuletzt vom 21. November 2019 (Az.: VII ZR 10 / 19) mit der Aussage, dass bei fehlender Vereinbarung der neue EP nach den tatsächlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen zu bemessen ist, angeführt unter Tz. 3.4 im Formular,
  • zu Bauablaufstörungen hinsichtlich der Empfehlung des Deutschen Baugerichtstages vom Mai 2021 und des Urteils des BGH vom 26. Oktober 2017 (Az.: VV ZR 16 / 17), berücksichtigt neu unter Tz. 9 im Formular,
  • Beachtung des Urteils des BGH vom 15. Februar 2024 (Az.: VII ZR 42 / 22) zum Höchstbetrag von Vertragsstrafen,
  • ableitend aus dem seit Juli 2020 geänderten Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und
  • zur Umlage verbrauchsabhängiger Kosten von Mitnutzungen bzw. Beistellungen nach einem Urteil des OLG Hamburg vom 13. Dezember 2013 (Az.: 13 U 1 / 09).
Die zum Stand 2017 noch empfohlenen Formulare zur Arbeitnehmer-Erklärung zum Mindestlohn durch die gewerblichen Arbeitnehmer von Nachunternehmern werden seit 2019 aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht mehr angeführt. Dafür werden zum Verhandlungsprotokoll mit den NU verschiedene Verpflichtungserklärungen verlangt, beispielsweise zu speziellen Haftungen, zu Anforderungen aus dem AEntG und zur Einhaltung des Mindestlohns im Baugewerbe.

Sorgfaltspflichten in der Anlage zum GU-Vertrag

Auftragnehmer haben künftig nach dem Lieferkettengesetz menschrechts- und umweltbezogene Sorgfaltspflichten einzuhalten und entlang der Liefer- und Leistungskette für das jeweilige Bauvorhaben angemessen zu adressieren, so beispielsweise mit Aussagen und der Absicherung, dass:
  • keine Kinderarbeit erfolgt und das Beschäftigungsalter 15 Jahre nicht unterschritten werden darf,
  • keine Zwangsarbeit zu Leistungen von Personen, die mit Androhung von Strafe verlangt wird,
  • der am Arbeitsort erforderliche Arbeitsschutz einzuhalten ist, einschließlich einer angemessenen Ausbildung und Unterweisung der Beschäftigten,
  • die Koalitionsfreiheit geachtet wird, z. B. Beschäftigte frei zu Gewerkschaften beitreten können und die Gewerkschaften sich frei betätigen dürfen,
  • eine gleiche Entlohnung für gleichwertige Arbeit gesichert und keine Unterschreitung des gesetzlichen und branchenbezogenen Mindestlohns zugelassen wird,
  • die Gleichbehandlung der Beschäftigten, z. B. nach nationaler Abstammung und Geschlecht gesichert wird,
  • eine angemessene Unterweisung und Kontrolle erfolgt, wenn zur Sicherung des Bauvorhabens öffentliche Sicherungskräfte eingesetzt werden,
  • keine schädliche Bodenveränderung, Lärmemission, Luftverunreinigung u. a. erfolgt, z. B. auch der Zugang zu einwandfreiem Trinkwasser gewährt wird,
  • keine Produktion und Verwendung von gefährlichen Schadstoffen, z. B. Quecksilberverbindungen und -abfällen erfolgt bzw. die umweltgerechte Sammlung, Lagerung und Entsorgung vorgenommen wird und
  • die Ausfuhr und Einfuhr von gefährlichen und anderen Abfällen grenzüberschreitend nur nach gesetzlichen Regelungen erfolgen darf.
Vom Auftragnehmer sollten für die Umsetzung der Anforderungen:
  • die am Bauvorhaben Beschäftigten geschult und eingewiesen werden,
  • bereits bei der Auswahl der Zulieferer und Leistenden für das betreffende Bauvorhaben auf die Sicherung der Sorgfaltspflichten verwiesen werden und
  • die unverzügliche Information bei evtl. eingetretenen Verletzungen gefordert werden, bereits in Verbindung mit möglichen Maßnahmen zur Minimierung und Beendigung von Verletzungen.
Sollte eine Verletzung als schwerwiegend angesehen und bewertet werden, bliebe zu prüfen, ob ggf. die Geschäftsbeziehung abzubrechen ist.

Vorbereitung des Vertrags

Sieht der GU die Übergabe von Teilleistungen an Nachunternehmer vor, erfolgt zunächst durch ihn die Aufforderung an NU zur Abgabe von Angeboten. Danach wird das wirtschaftlichste Angebot für die jeweilige Teilleistung bzw. das Gewerk ausgewählt. Es schließt sich die Vertragsverhandlung mit den interessanten Bietern an. Genutzt werden kann hierzu das Formular FSB 2024-3, einschließlich der Anlage FSB 2024-3.1 zu Sorgfaltspflichten.
Im Verhandlungsprotokoll mit Nachunternehmern kann der NU mit seiner Unterschrift erklären, einen Vertrag zu den im Protokoll festgelegten Bedingungen innerhalb einer Bindefrist zu vereinbaren. Zur verbindlichen Beauftragung der Nachunternehmer kann das Formular FSB 2024-2 verwendet werden.

Muster-Formulare im Einzelfall

Das Muster-Formular zum GU-Vertrag und die Anlage erheben zum Inhalt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit im Einzelfall. Sie liefern aber Anhaltspunkte und können auch als Prüflisten verwendet werden. Notwendig ist jedoch stets die eigenverantwortliche Prüfung für den Einzelfall, ggf. mit der Notwendigkeit einer Anpassung an die zu regelnde Situation. Den beteiligten Vertragspartnern steht es frei, die o. a. Formulare heranzuziehen, zu ändern, an die Erfordernisse des jeweiligen Einzelfalls anzupassen oder andere Texte zu nutzen.
Eine Nutzung der Muster-Formulare für Verträge mit Verbrauchern mit Bezug auf § 13 BGB ist nicht vorgesehen. Für Bauvorhaben der öffentlichen Auftraggeber sind die Formulare ebenfalls nicht anwendbar, sondern hierfür deren Vorgaben maßgebend.
Bauprofessor-Redaktion
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