VOB B

Abschlagszahlung nach VOB

Die Abschlagszahlung nach VOB ist eine Zahlung, die während der Bauausführung für bereits erbrachte Leistungen an den Auftragnehmer gezahlt wird, ohne dass das gesamte Bauprojekt abgeschlossen sein muss.

Regelungen zu Abschlagszahlungen

Ansprüche auf Abschlagszahlung sind bei einem VOB-Vertrag üblich.
Dabei handelt es sich überwiegend um Baumaßnahmen, die:
  • eine lange Bauzeit (meistens über Monate) erfordern und
  • einen hohen Bauleistungsumfang und -wert umfassen.
Sachlich handelt es sich bei Abschlagszahlungen um vorläufige Zahlungen bzw. Anzahlungen des Bauherrn als Auftraggeber vor Fertigstellung des Bauvorhabens.
Regelungen zu Abschlagszahlungen trifft § 16 Abs. 1 in der VOB Teil B.
Danach sind Abschlagszahlungen auf Antrag zu gewähren:
  • in möglichst kurzen Zeitabständen oder
  • zu den von den Vertragspartnern vereinbarten Zeitpunkten.
Nach welchen Zeitabständen jeweils Abschlagszahlungen zu vorgelegten Abschlagsrechnungen gestellt und dazu Zahlungen erfolgen sollten, richtet sich:
  • nach Art und Größe des jeweiligen Bauvorhabens und
  • dem technologischen Ablauf der Bauausführung.
Grundlage ist der im Rahmen der Angebotserarbeitung vorgeplante und dann in der Arbeitsvorbereitung qualifizierte Zahlplan in Verbindung mit dem Bauzeitenplan.
Tipp aus der Praxis

„Dabei sollten die Abschlagsrechnungen und -zahlungen festgelegt werden:
Besonderheiten sind zu Abschlagszahlungen bei Bauträgerverträgen nach § 650v BGB zu beachten.
Der Wertumfang zu Abschlagszahlungen bestimmt sich nach den jeweils nachgewiesenen vertragsgemäßen Bauleistungen einschließlich eines darauf entfallenden Betrags für die Umsatzsteuer, sofern nicht Steuerschuldnerschaft für Bauleistungen des Auftraggebers vorliegt.
Die erbrachten Leistungen sind durch eine „prüfbare Aufstellung“ nachzuweisen. Das kann mit einem Aufmaß und einer daraufhin erfolgten Abschlagsrechnung ermöglicht werden.
Abschlagszahlungen werden in der Regel zu öffentlichen Bauaufträgen vereinbart. Zu berücksichtigen sind dafür auch die Anforderungen in den Vergabe- und Vertragshandbüchern, so:

Welche Fristen gelten für Abschlagszahlungen?

Ansprüche aus Abschlagszahlungen werden nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB Teil B binnen 21 Tagen nach Zugang der Aufstellung beim Auftraggeber fällig. Bei nicht erfolgter Zahlung durch den Auftraggeber bedarf es keiner Mahnung und Setzung einer Nachfrist als Voraussetzung für die Zahlung.
Eine vorgelegte Abschlagsrechnung ist dann nach 30 Tagen nach Zugang der Rechnung beim Auftraggeber automatisch in Verzug, wenn der Auftraggeber seiner vertraglichen Verpflichtung zur Abschlagszahlung nicht nachkommt.
Eine Abschlagszahlung kann auch noch dann erfolgen, wenn sich die Prüfung durch den Auftraggeber zu einer Schlussrechnung verzögert. Obgleich die Rechnungsprüfung aufs Äußerste zu beschleunigen ist, kann die Kompliziertheit des Bauauftrags ggf. eine längere Zeitspanne als die Frist zur Fälligkeit innerhalb von 30 Kalendertagen rechtfertigen. Unabhängig davon ist aber das unbestrittene Guthaben als Abschlagszahlung sofort durch den Auftraggeber zu zahlen.

Folgen von nicht fristgemäßer Abschlagszahlung

Der Auftragnehmer hat Anspruch auf Verzugszinsen bei nicht fristgemäß erhaltener Abschlagszahlung. Der Auftragnehmer ist aber nicht verpflichtet, Verzugszinsen zu fordern.
Eine Mahnung und Nachfrist kann aber auch erfolgen, wenn der Auftragnehmer dem Auftraggeber besonders auf die finanziellen Folgen einer Nichtzahlung und ggf. Einstellung der Arbeiten hinweisen möchte.
Mit Bezug auf § 16 Abs. 5 Nr. 4 VOB Teil B darf der Auftragnehmer die Arbeiten bei Zahlungsverzug bis zur Zahlung einstellen, wenn vorher dem Auftraggeber eine angemessene Frist gesetzt wurde und diese fristlos verstrichen ist. Für die Nachfristsetzung ist keine besondere Form vorgeschrieben.
Ist der Auftraggeber mit der Zahlung zu einer Abschlagsrechnung in Verzug, so endet der Verzug nach Abnahme des Bauauftrags und Stellung der Schlussrechnung. Die Forderung zur Abschlagszahlung verliert mit der endgültigen Abrechnung ihren selbstständigen Charakter.

Abschlagszahlungen für weitere Leistungen

Abschlagszahlungen können auch zu weiteren Leistungen vom bauausführenden Unternehmen als Auftragnehmer verlangt und vereinbart werden, so bei:
Als Voraussetzungen sind bei Abschlagszahlungen für zusätzliche Leistungen zu beachten, dass:
  • der Nachtrag durch den Auftraggeber angeordnet wurde,
  • die Nachtragsleistung bereits ausgeführt worden ist und
  • darüber eine prüfbare Rechnung vorliegt.
Das gilt nach einer Entscheidung des BGH mit Beschluss vom 24.05.2012 (Az.: VII ZR 34/11) auch dann, wenn eine Einigung über die Vergütung noch nicht stattgefunden hat.
Verweis auf ein Urteil:
Nach Regelungen in §§ 650b und 650c BGB – näher erläutert unter Abschlagszahlungen nach BGB – kann der Auftraggeber in einem einstweiligen Verfügungsverfahren feststellen lassen, dass ein Auftragnehmer vorläufig nicht berechtigt ist, Abschlagszahlungen in Höhe von 80 % des Betrags aus einem Nachtragsangebot geltend zu machen. Hierzu hat das Kammergericht vom 2. November 2011 (Az.: 27 U 120/21) geurteilt, dass die BGB-Regelung auch auf einen VOB-Vertrag anwendbar sei.
Abschlagszahlungen sichern die Liquidität des Auftragnehmers. Der Auftraggeber kann zudem Qualität und Fortschritt der Bauleistungen regelmäßig prüfen und zahlt nur für tatsächlich erbrachte Leistungen.
Abschlagszahlungen sichern die Liquidität des Auftragnehmers. Der Auftraggeber kann zudem Qualität und Fortschritt der Bauleistungen regelmäßig prüfen und zahlt nur für tatsächlich erbrachte Leistungen. Bild: © f:data GmbH

Abschlagszahlung für Stoffe und Bauteile

Als Leistungen, für die Abschlagszahlungen infrage kommen, gelten auch die nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 VOB Teil B für eine Baumaßnahme „eigens angefertigten und bereitgestellten Bauteile sowie die auf der Baustelle angelieferten Stoffe und Bauteile“.
Als „eigens angefertigt“ gelten auch Bauteile aus einer Serienfertigung, wenn sie für die vertragliche Leistung erforderlich sind. Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber darüber Aufstellungen zu überreichen. Daraus müssen die Mengen, Werte und der Zeitpunkt der Anlieferung oder der Bereitstellung der benötigten Bauteile und Stoffe hervorgehen.
Voraussetzung ist jedoch, dass dem Auftraggeber nach seiner Wahl das Eigentum an den Bauteilen und Stoffen übertragen ist oder entsprechende Sicherheit gegeben wird. Die Sicherheit kann durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft gewährt werden.
Bei öffentlichen Bauaufträgen im Hochbau ist das Formblatt 423 im VHB-Bund als Bürgschaftsurkunde heranzuziehen. Sind die Stoffe und Bauteile dann mängelfrei eingebaut, ist die Bürgschaftsurkunde dem Auftragnehmer zurückzugeben.
Zu den Abschlagszahlungen können auch Gegenforderungen einbehalten werden. Dabei wird es sich aber in der Regel nur um eine vorläufige Zurückhaltung handeln, nicht aber um eine endgültige Verrechnung.
Das kann auch weitere Einbehalte, z. B. aus Beistellungen des Auftraggebers wie Bereitstellung von Energie und Bauwasser auf der Baustelle, betreffen. Diese sind aber bei Abschlagszahlungen nur bei Vereinbarung im Bauvertrag und nach vorgesehenen Fällen in gesetzlichen Bestimmungen nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 VOB Teil B zulässig.

Kürzung von Abschlagszahlungen

Vom Auftraggeber kann auch eine Kürzung einer Abschlagszahlung vorgenommen werden. Dies kann beispielsweise erfolgen, wenn Mängel bereits während der Bauausführung zu den erbrachten Leistungen vorliegen.
Tipp aus der Praxis

„Auf jeden Fall sollte der Auftraggeber bei festgestellten Mängeln dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung vorgeben.“
In der Zeit bis zur Beseitigung des Mangels steht dem Auftraggeber das Recht nach § 641 Abs. 3 BGB zu, einen Teil der Vergütung zu verweigern. Als angemessen gilt ein Betrag, der doppelt so hoch ist wie die zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten, in der Baupraxis auch als Druckzuschlag bezeichnet.

Einbehalt von Sicherheiten

Vom Auftraggeber können bei Abschlagszahlungen auch vertraglich festgelegte Einbehalte als Sicherheitsleistung nach VOB erfolgen. Dies gilt aber im Allgemeinen nur, wenn vom Auftragnehmer keine Sicherheit, z. B. durch eine Vertragserfüllungsbürgschaft, geleistet wurde.
Ein Einbehalt soll zu öffentlichen Bauaufträgen maximal bis 5 % nach § 9c Abs. 8 in Abschnitt 1 der VOB Teil A betragen. Bei Vereinbarungen mit privaten Auftragnehmern gelten Einbehalte bis maximal 10 % der Auftragssumme als gewerbliche Sitte.
Bei der Schlussrechnung des Auftragnehmers sind die bereits vereinnahmten Abschlagszahlungen in Abzug zu bringen. Beispiele dafür finden Sie hier.

Keine Abnahme und Haftungsübernahme

Abschlagszahlungen bewirken keine Abnahme bzw. Teilabnahme der vertraglichen Baumaßnahme. Sie berühren mit Bezug auf § 16 Abs. 1 Nr. 4 VOB Teil B auch nicht die Haftung des Auftragnehmers. Sie stellen lediglich einen Zahlungsverkehr dar. Er soll die Liquidität des Auftragnehmers aufgrund der Vorleistung nicht über Gebühr schmälern.
Die Abschlagszahlung durch den Auftraggeber bedeutet auch nicht automatisch die Anerkennung eines Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers. Dies würde eine schriftliche Erklärung voraussetzen.
Tipp aus der Praxis

„Bemerkungen auf einer Abschlussrechnung kommen dem nicht nach und wären nur vorbehaltlich zu deuten. Sie kann erst mit der Schlusszahlung bewirkt werden.“

Rückzahlungsanspruch bei Überzahlung

Stellt sich zur vorgelegten Schlussrechnung heraus, dass bereits mit geleisteten Abschlagszahlungen eine Überzahlung zu Bauleistungen vorliegt, hat der Auftraggeber bei einem VOB-Vertrag einen Rückzahlungsanspruch zur Mehrvergütung bei der Schlusszahlung.
Zugleich besteht auch eine Zinspflicht zur Differenz ab dem Zeitpunkt des Eingangs der Abschlagszahlung beim Auftragnehmer. Anzusetzen wären die Zinssätze, wie sie allgemein für Verzugszinsen (bei Verträgen mit Kaufleuten 9 % über dem Basiszinssatz) gelten.
Liegen ggf. mehrere Mehrvergütungen und daraufhin erfolgte Abschlagszahlungen vor, dann ist für den Zinsbeginn der jeweilige Eingang der Abschlagszahlungen heranzuziehen und die Berechnung evtl. gestaffelt vorzunehmen.
Liegt der Baumaßnahme ein Bauvertrag nach BGB oder ein Verbraucherbauvertrag zugrunde, sei auf diese Erläuterungen verwiesen.
Herzlichen Dank an Prof. Dr. habil. Siegmar Kloß für die fachliche Unterstützung bei diesem Artikel auf bauprofessor.de.
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