Mit der Angebotsprüfung wählt der Bauherr als Auftraggeber das Angebot aus, das technisch und wirtschaftlich optimal ist und die gesetzlichen Vorgaben erfüllt.
Was ist eine Angebotsprüfung?
Eine Angebotsprüfung ist praktisch für alle Bauaufträge notwendig. Sie dient dazu, eingegangene Angebote gründlich zu prüfen. Der Bauherr als Auftraggeber bewertet auf diese Weise, ob das Angebot seinen Anforderungen entspricht, qualitativ überzeugend und wirtschaftlich optimal ist. Auch Nachträge und Vergütungsanpassungen erfordern eine Prüfung. Regeln und Vorschriften
Die Prüfung von Angeboten, Nachträgen und Vergütungsanpassungen sind zunächst unabhängig davon, ob der Vertrag nach VOB oder BGB gestaltet ist. Bei Ausschreibungen mit VOB-Verträgen sind für die Angebotsprüfung die Regelungen der VOB Teil A zu nationalen Vergaben im Unterschwellenbereich, EU-weiten Ausschreibungen sowie für verteidigungs- und sicherheitsspezifische Baumaßnahmen bestimmend. Im Einzelnen betrifft das Aussagen in den Abschnitten 1 bis 3 der VOB Teil A zur: Bei der Angebotsprüfung werden u. a. Preis, Eignung und Qualität geprüft. Damit soll sichergestellt werden, dass das Angebot alle notwendigen Anforderungen optimal erfüllt.
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Ablauf der Angebotsprüfung
Prüfung der Eignung
Für eine ausgeschriebene Baumaßnahme werden Bieter für die Bauausführung Angebote einreichen. Zunächst ist festzustellen, ob die Bieter über die zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Eignungen verfügen. Das betrifft besonders die:
- Fachkunde,
- Leistungsfähigkeit und
- Zuverlässigkeit der Bieter.
Bereits mit der Ausschreibung sollte vermerkt werden, welche Anforderungen zu erfüllen und ggf. Nachweise und Eigenerklärungen mit dem Angebot vorzulegen sind. Lesen Sie hier die Erläuterungen dazu. Prüfung der Anforderungen
Haben sich die Angebote bezüglich der Eignung als tauglich erwiesen, dann sind sie nach den Anforderungen in den Regelungen zu prüfen.
Die Angebotsprüfung erfolgt dann schrittweise nach:
- formaler,
- rechnerischer,
- technischer und
- wirtschaftlicher Hinsicht.
Formale Prüfung der Angebote
Als formale Angebotsprüfung wird allgemein die Prüfung und Wertung hinsichtlich der Zulassung oder des Ausschlusses verstanden. Zunächst sind die Angebote durchzusehen. Bei öffentlichen Bauaufträgen durch die Vergabestelle.
Dies sollte durch Personen erfolgen, die nicht mit der Vergabeentscheidung oder der Durchführung der Maßnahmen befasst sind. Zu prüfen ist dabei, ob Auffälligkeiten den Schluss zulassen, dass das Wettbewerbsergebnis ggf. verfälscht werden soll. Als Auffälligkeiten können beispielsweise fehlende, überschriebene, überlackte oder mit Bleistift eingetragene Preise, Erklärungen oder doppelte Ausweise gelten. Sie sind nachvollziehbar zu dokumentieren. Als Arbeitshilfe steht im VHB-Bund (2019) das Formblatt 315 zur Verfügung. Anschließend ist zu prüfen, ob die Preisangaben auch vollständig sind. Fehlende Einheitspreise können, müssen aber nicht in jedem Fall zum Angebotsausschluss führen, wenn es sich z. B. nur um eine unwesentliche Teilleistung bzw. Position im Leistungsverzeichnis (LV) handelt. Danach sind die Angebote nach zwingenden und / oder fakultativen Ausschlussgründen zu prüfen. Sofern sie für ein Angebot wichtig sind, ist das Angebot von der Wertung auszuschließen. Ebenfalls ist auch ein Nebenangebot auszuschließen, wenn es nicht zugelassen wurde bzw. bei Zulassung den Mindestanforderungen nicht entspricht. Ein Ausschlussgrund läge jedoch nicht vor, wenn das Nebenangebot nicht an der dafür vorgesehenen Stelle aufgeführt ist. Dann liegt lediglich ein Formfehler vor. Rechnerische Angebotsprüfung
Eine rechnerische Prüfung ist nur für vorher nicht ausgeschlossene Angebote erforderlich. Eine Ausnahme wäre ggf. vorzusehen, wenn die Einheitspreise (EP) der ausgeschlossenen Angebote ebenfalls nachrichtlich mit in den Preisspiegel aufgenommen werden sollen. Bei öffentlichen Bauaufträgen hat die rechnerische Prüfung durch die Vergabestelle zu erfolgen. Die Prüfung ist von Personen auszuführen, die nicht mit der Vergabeentscheidung und der Durchführung der Maßnahme befasst sind. Mit Bezug auf die Festlegungen in Tz. 2.1 in der Richtlinie 321 im VHB-Bund ist die rechnerische Prüfung im Angebot zu dokumentieren und die danach ermittelte Angebotssumme einzutragen. Wird dafür ein DV-Programm genutzt, dann sind die Ergebnislisten dem Angebot beizufügen. Liegen rechnerische Mängel in Angeboten vor, sind diese durch den Bauherrn als Auftraggeber zu korrigieren. Fehlen im Angebot Preisangaben, bleibt zu prüfen, ob es sich dabei um insgesamt unwesentliche Positionen des Leistungsverzeichnisses handelt. Sofern die Preisangabe nur bei einem einzigen Preis fehlt, so ist bei dieser Position bei der rechnerischen Prüfung der Preis mit 0,00 € einzusetzen, um den Rang des Angebots festzustellen. Bei der Bestimmung der Angebotssumme ist dann aber der höchste angebotene Preis zu dieser Position aus den Angeboten heranzuziehen. Die rechnerische Prüfung kann auch auf einen Kalkulationsirrtum schließen lassen. Sofern der Auftraggeber einen solchen offenen oder ggf. auch verdeckten Irrtum erkennt, sollte der Bieter darauf hingewiesen werden. Dem Grunde nach ist nicht ausgeschlossen, dass das Angebot in der Wertung verbleibt. Zum Irrtum kann aufgeklärt werden. Preisnachlässe ohne Bedingungen sind bei der Prüfung öffentlicher Bauaufträge nur zu berücksichtigen, wenn sie auch im Angebotsschreiben an der dort bezeichneten Stelle aufgeführt werden. Erfolgt dagegen ein Preisnachlass mit Bedingungen, z. B. ein durch den Bieter gewährter Skonto bei Einhaltung von Zahlungsfristen, so ist der Preisnachlass bei der rechnerischen Prüfung nicht zu berücksichtigen. Das trifft auch auf Fälle weiterer, von den Vergabeunterlagen abweichenden Bedingungen wie Veränderung von Ausführungsfristen und anderen Zahlungsbedingungen zu. Technische Angebotsprüfung
Zu prüfen ist, ob das Angebot die in der Leistungsbeschreibung gestellten technischen Anforderungen erfüllt. Das betrifft besonders die zur Baumaßnahme angebotenen Produkte und Verfahren. Geforderte Merkmale können durch geeignete Bescheinigungen belegt werden. Infrage kämen zum Beispiel:
Prüfberichte, Testberichte oder
Zertifikate einer akkreditierten Bewertungsstelle (z. B. die Technischen Überwachungsvereine (TÜV) und die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung – BAM).
Weichen Spezifikationen im Angebot von der Leistungsbeschreibung ab, bleibt zu prüfen, ob sie auch mit dem geforderten Schutzniveau in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit und Gebrauchstauglichkeit gleichwertig sind. Die Gleichwertigkeit bliebe z. B. durch Vorlage von Zertifikaten nachzuweisen. Hatte der Bieter keine Möglichkeit dazu, wäre zu prüfen, ob die Erfüllung der gestellten Anforderungen in anderer Weise nachgewiesen werden kann. Bei EU-weiten Ausschreibungen ist außerdem noch zu prüfen, ob spezifische umweltbezogene, soziale oder sonstige Merkmale erfüllt werden. Wirtschaftliche Angebotsprüfung
„Als Grundlage für die Prüfung sollten die Angaben in den ergänzenden Formblättern Preise (EFB-Preis) 221 bis 223 nach VHB-Bund oder einer ggf. verlangten Urkalkulation genutzt werden. Dabei ist ein Ansatz sowohl von Gewinn (G) als auch von Wagnissen und deren Höhe für die Wirtschaftlichkeit des Angebots nicht ausschlaggebend.“ Nach Richtlinie 321 im VHB-Bund ist weiter zu untersuchen, ob das Angebot:
Bei einem preislich unverständlichen und nicht nachvollziehbaren Angebot sowie auch bei Verdacht auf eine Mischkalkulation ist es erforderlich, schriftlich Erläuterungen vom Bieter dazu zu verlangen. Legt der Bieter nachvollziehbar dar, dass seine Preisbildung effektiv die Markt- und Wettbewerbssituation berücksichtigt (z. B. durch günstigen Materialeinkauf, optimalen Geräteeinsatz u. a.), dann ist in Bezug auf seinen Betrieb ein wirtschaftliches Angebot anzunehmen. Hat der Bieter sehr hohe Preisangaben nachgereicht, z. B. zur Ausnutzung des Abstandes zu einem nächsthöheren Angebot, bliebe zu prüfen, ob die ursprünglich fehlende Preisangabe immer noch unwesentlich ist.
Bei Zweifeln zu Preisangaben ist bei öffentlichen Bauaufträgen die Fachaufsicht führende Ebene einzuschalten. Mindestens auch in dem Fall, wenn die Preise in einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistung stehen. Als sittenwidrige Einheitspreise und wucherähnliche Preise sind 5-fach überhöhte Einheitspreise mit Aussage unter Tz. 3.3 in der Richtlinie 321 im VHB-Bund (2019) anzusehen. Prüfung von Nebenangeboten und Nachträgen
Besondere Aufmerksamkeit ist den Nebenangeboten zu widmen. Hier sind die möglichen Vorteile, die sich z. B. durch die vom Bieter vorgeschlagene Ausführungstechnologie und ggf. andere, meistens kürzere Ausführungsfristen und frühzeitigere Fertigstellung ableiten, herauszustellen. Ein Nebenangebot kann ein Hauptangebot ergänzen. Bevor ein Zuschlag auf das Hauptangebot der Bieter erteilt wird, sind auch die Nebenangebote zu prüfen und zu werten. Für öffentliche Bauaufträge ist bereits in den Vergabeunterlagen festzulegen, ob Nebenangebote sogar nicht oder nur ausnahmsweise mit einem Hauptangebot zugelassen werden. Auf jeden Fall müssen sie mit dem Auftragsgegenstand des Hauptangebots in Verbindung stehen. Wurden Nebenangebote zugelassen, müssen sie deutlich gekennzeichnet sein und an der vom Auftraggeber benannten Stelle aufgeführt werden. Sie sind auf einer gesonderten Anlage anzubieten. Kommt der Bieter diesen Anforderungen nicht nach, so ist sein Angebot auszuschließen.
Bei der Prüfung ist besonders auch die Angemessenheit der Preise zu prüfen und werten. Bei einem unangemessen hohen oder niedrigen Preis darf ein Auftrag nicht erteilt werden. Ausdrücklich vorgesehen ist in den Bestimmungen, dass Nebenangebote durch den öffentlichen Auftraggeber auch dann zugelassen und gewertet werden dürfen, wenn ausschließlich der „Angebotspreis“ als Zuschlagskriterium verwendet wird. Dadurch soll vermieden werden, dass ggf. ein Nebenangebot einen Zuschlag erhält, das preislich geringfügig günstiger, aber andererseits qualitativ wesentlich ungünstiger ist. Nebenangebote bei nationalen Ausschreibungen im Unterschwellenbereich müssen „die qualitative und quantitative Gleichwertigkeit mit der ausgeschriebenen Leistung erfüllen“. Zu Straßen- und Brückenbaumaßnahmen wird dazu im Regelungstext des HVA B-StB (2023) unter Tz. 1.5.3.13 (Nr. 211) angeführt, dass sich die Gleichwertigkeit mit dem Nebenangebot aus ihm ergeben muss. Ein Nebenangebot darf nicht durch Nachreichen von weiteren Unterlagen nachgebessert und damit gleichwertig gemacht werden. Bei EU-weiten Ausschreibungen sind Nebenangebote nur möglich, wenn sie der Auftraggeber in seiner Bekanntmachung ausnahmsweise in Verbindung mit dem Hauptangebot auch zulässt. Bei Zulassung von Nebenangeboten sind dafür Mindestbedingungen in den Vergabeunterlagen festzulegen. Angebotsprüfung durch Bauplaner
Für das Leistungsbild „Gebäude und Innenräume“ werden sie beispielsweise in Anlage 10 in der Leistungsphase 6 – Mitwirkung bei der Vergabe – nach der HOAI aufgeführt.